Heilerde und Licht-Luft-Therapie

NATUR+PHARMAZIE 3/2021

125 Jubiläum: Gesund werden und bleiben durch die Natur

Vor genau 125 Jahren eröffnete der Naturheilkundler Adolf Just mit dem Jungborn eine Naturheilanstalt, die Weltruhm erlangte. Er behandelte seine Patienten mit Licht, Luft, vegetarischer Kost und natürlicher Heilerde. Sie ist bis heute als Luvos-Heilerde unverzichtbarer Bestandteil der modernen Naturheilkunde.
Bewegung, Sonnenlicht, frische Luft und eine gesunde Ernährung – was heute als banales Rezept für Gesundheit und Wohlbefinden erscheint, war im 19. Jahrhundert revolutionär. Am 21. Juni 1896, vor 125 Jahren, eröffnete Adolf Just (1859–1936) im Eckertal bei Stapelburg im Harz den Jungborn als „Lehranstalt für naturgemäße Heil- und Lebensweise“. Mit seiner Kur, die wir heute als „Medical Wellness“ bezeichnen würden, traf Just den Nerv der Zeit: Der Jungborn entwickelte sich zur größten Naturheilanstalt in Deutschland. Bis zu 350 Besucher kamen täglich, um das naturnahe Leben zu erfahren, darunter viele vermögende und berühmte Menschen.
So suchten die Schauspielerin Marika Rökk, der Schriftsteller Franz Kafka oder der Philosoph und Anthroposoph Rudolf Steiner den Jungborn auf, um ihre Leiden zu kurieren oder sich zu erholen. Neben Licht, Luft und Wasser war natürliche Heilerde ein zentrales Element bei den Anwendungen einer Jungborn- Kur. „Die Natur irrt nicht, sie hat immer recht“, war die Überzeugung von Adolf Just, denn sie hatte ihn selbst geheilt . Aufgrund eines Nervenleidens hatte er sich erfolglos an die Schulmedizin gewandt. Erst seine konsequente Hinwendung zur Natur führte zur ersehnten Heilung. Er lebte dazu in einer zugigen „Licht-Luft-Hütte“ im Wald, schlief auf bloßem Boden, lief im Sommer wie im Winter barfuß und ernährte sich ausschließlich vegetarisch. Seine erfolgreiche Eigentherapie sprach sich herum und Just gewann immer mehr Anhänger.
Sie drängten ihn, eine eigene Heilanstalt für das von ihm entwickelte Verfahren zu eröffnen. Am 21. Juni 1896 war es so weit: Auf einer Waldlichtung im Harz errichtete Just 2 nach Geschlechtern getrennte Licht- Luft-Parks mit offenen und geschlossenen Licht-Luft-Häuschen. Unter Leitung seines Bruders Rudolf Just wuchs das Gelände auf etwa 10 Hektar an, um die steigende Zahl der Kurgäste unterbringen zu können. Der Tag im Jungborn begann mit dem Weckruf früh morgens. Man begab sich zumeist nackt ins Freie, nahm ein erfrischendes Bad im „naturkalten“ Wasser und stürzte sich mit Eifer in die Morgengymnastik. Danach standen Wanderungen, Sport, Kuranwendungen und vegetarische Kost auf dem Programm. Eine Gärtnerei stellte die Versorgung mit Obst und Gemüse sicher.
 
Wiederentdeckung der Heilerde
Im Jungborn legte Adolf Just den Grundstein für eine in Vergessenheit geratene Heilmethode: Er behandelte seine Patient:innen mit heilender Erde, für die er den Begriff „Heilerde“ prägte. Zunächst nutzte er sie in Form von Wickeln, Packungen und Bädern zur Behandlung von Wunden. Später führte er auch die innerliche Anwendung der Heilerde ein. Während Luvos-Heilerde zu einem Teil der modernen Naturheilkunde wurde, musste der Kurbetrieb im Jungborn zum Ende des 2. Weltkrieges eingestellt werden; die Anlage wurde beschlagnahmt. Sie diente erst als Lazarett für die Wehrmacht, später zur Kinderlandverschickung. Nach dem Krieg war das Gelände Teil der sowjetisch besetzten Zone und beherbergte eine Tuberkulose- Heilstätte. 1960 bis 1962 noch als Altersheim genutzt, fiel der Jungborn 1964 im Zuge der Maßnahmen zur Sicherung der innerdeutschen Grenze der Abrissbirne zum Opfer. Die Erinnerung an das Naturheilzentrum hält der Förderverein Jungborn Harz e. V. auf dem damaligen Kurgelände wach. Er präsentiert das ganzheitliche Jungborn- Konzept vor Ort mit einem detailgetreuen Modell des Naturareals mit seinen etwa 70 Licht-Luft-Hütten, Villen, Badehäusern, Stallungen, Äckern und prachtvollen Bepflanzungen. Dazu kommen Infotafeln sowie Vorträge und Feste. Mit 2 im Original nachgebauten Licht-Luft-Häusern und einigen mobilen Einrichtungen versucht der Verein, die Jungborn-Atmosphäre von damals heute wieder erlebbar zu machen (Info: www.jungborn-harz.eu).
Adolf Just gilt heute als Pionier der Naturheilkunde, sein Buch „Kehrt zur Natur zurück!“ (1896) als Standardwerk. Luvos- Heilerde ist zu einem unverzichtbaren Teil der modernen Naturheilkunde geworden. Sie wird noch heute nach den Grundsätzen von Adolf Just hergestellt und vielfältig angewendet. Sein naturheilkundliches Schaffen und seine naturnahen Impulse leben bis heute weiter – nicht nur im Original der Luvos-Heilerde, sondern auch in den vielen Facetten eines gesunden und nachhaltigen Lebensstils. Was Adolf Just vor 125 Jahren im Jungborn einführte, würde man heute als „Medical Wellness“ bezeichnen.

Alle im Rahmen dieses Internet-Angebots veröffentlichten Artikel sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch Übersetzungen und Zweitveröffentlichungen, vorbehalten. Jegliche Vervielfältigung, Verlinkung oder Weiterverbreitung in jedem Medium als Ganzes oder in Teilen bedarf der schriftlichen Zustimmung des Verlags.

x