Die Pathogenese dieser chronischen Krankheit ist heterogen, komplex und multifaktoriell und bis heute nicht vollständig verstanden. Vererbte oder erworbene Mutationen in epidermalen Barriereproteinen (z.B. Filaggrin) gelten als treibende Kraft. Immer mehr Beweise deuten aber darauf hin, dass Umweltfaktoren eine Schlüsselrolle in der Pathogenese der AD spielen.
Landesweite Studie
Eine landesweit durchgeführte Kohortenstudie unter der Leitung von Cathrine M. Mohn (Universität Oslo) analysierte die Daten aller norwegischen Kinder unter sechs Jahren im Zeitraum vom 1. Januar 2009 bis 31. Dezember 2015. Die Kinder, die die Diagnose AD und mindestens zwei Verschreibungen von topischen Kortikosteroiden oder mindestens eine Verschreibung topischer Calcineurininhibitoren erhielten, wurden als AD-Betroffene identifiziert. Die Ergebnisse wurden im Fachmagazin JAMA Open Network veröffentlicht.
Mehr Jungen als Mädchen
Insgesamt 295.286 krankheitsspezifische Verschreibungen wurden im Beobachtungszeitraum an 122.470 Kinder abgegeben. Somit waren insgesamt 17,4 % der norwegischen Kinder unter sechs Jahren von AD betroffen. Die jährliche Inzidenzrate stieg in den sechs Jahren der Beobachtung um 0,028 % an, besonders bei Kleinkindern unter einem Jahr. Hier hatten männliche Babys eine 53 % höhere Inzidenzrate als Mädchen. Im zweiten Lebensjahr waren Jungen noch immer von einer 15 % höheren Inzidenzrate betroffen. Nach dem zweiten Lebensjahr glichen sich die Geschlechterunterschiede weitestgehend an.
Saisonale Häufung, kurzer Zeitraum
Die Genetik allein kann nicht ausschlaggebend für die Pathogenese der AD sein, denn es existieren durchaus Unterschiede in der Inzidenz zwischen Ländern mit verschiedenen Klimabedingungen. Es fehlte bislang das Verständnis dafür, wie sich die Jahreszeiten auf das Auftreten der Krankheit auswirken. Die meisten Scoring-Systeme und Diagnosetools werden standardisiert eingesetzt, ohne auf länderspezifische und klimatische Besonderheiten zu achten.
Die vorliegende norwegische Studie zeigte eine Häufung der Erstdiagnosen von Atopischer Dermatitis im Winter und Frühjahr. Am seltesten trat eine AD im Sommer auf, und etwas häufiger im Herbst. Die Inzidenzrate stieg in dem kurzen Zeitraum deutlich an, auch das deutet auf einen Einfluss von Umweltfaktoren hin. Studien aus Finnland, der Schweiz und Deutschland zeigen ähnliche Assoziationen, ergaben die Recherchen des norwegischen Teams. Die Frühjahrsblüte scheint mit einem Anstieg der Manifestation der AD einherzugehen, ebenso das Hauptsymptom Pruritus. Weitere Erklärungsansätze haben mit dem Wassergehalt des Stratum corneum Neugeborener und der Umgebungstemperatur zu tun. Weitere Studien müssen diese Fragen klären, so das Resümé der Autorinnen und