Kompetente Beratung

NATUR+PHARMAZIE 6-7/2014

Behandlung von Harnwegsinfekten

Bei Patienten mit einer Blasenentzündung, die in der Apotheke um Rat fragen, muss zunächst abgeklärt werden, ob das Problem im Rahmen der Selbstmedikation gelöst werden kann, oder ab der Kunde an einen Arzt verweisen werden muss. Zur Empfehlung bei unkomplizierten Infekten stehen eine Reihe wirksamer Phytopharmaka zur Verfügung.

Normalerweise ist die Schleimhaut der Blase und der Harnröhre relativ unempfindlich für Infektionen. Kommen jedoch andere Einflüsse zum Tragen, können sich Keime dort ansiedeln. So steigt die Anfälligkeit für Blaseninfekte beispielsweise bei Unterkühlung, Erkältung und Hormonveränderungen in der Schwangerschaft.

Jüngere Frauen und ältere Männer häufiger betroffen

Bei Männern nimmt das Risiko einer Blasenentzündung mit dem Alter zu. Kommt es in Folge einer Prostatahyperplasie zu Restharnbildung, finden Bakterien in der Blase geeignete Wachstumsbedingungen. Obstruktive Faktoren, wie Harnröhrenverengung, Harnsteine oder Uretherabknickung spielen in der Genese von Harnwegsinfekten ebenfalls eine wichtige Rolle. Bei Kindern, vor allem bei Jungen, sind angeborene Fehlbildungen oft die Ursache von rezidivierenden Harnwegsinfektionen. Gerade bei jungen Frauen treten unkomplizierte Harnwegsinfekte relativ häufig auf. Typische Beschwerden sind Brennen beim Wasserlassen, häufiger Harndrang, Schmerzen im Unterbauch und eventuell Schwierigkeiten, den Harn zu halten. Bei Fieber, Flanken- oder Rückenschmerz, Blut im Urin oder allgemeinem Krankheitsgefühl sollten Betroffene einen Arzt aufsuchen, denn dann handelt es sich nicht mehr um einen unkomplizierten Infekt. Des Weiteren gibt es Patientengruppen, die wegen eines erhöhten Komplikationsrisikos bei einem Harnwegsinfekt grundsätzlich an den Arzt verwiesen werden sollten. Dazu zählen Menschen mit Diabetes, Menschen mit Harnsteinen in der Vorgeschichte, Immunsupprimierte sowie Schwangere und Kinder. Da Harnwegsinfekte bei Männern i.d.R. kompliziert verlaufen, sollten auch diese besser an einen Arzt verwiesen werden. Unkomplizierte Infekte lassen sich in der Regel gut mit freiverkäuflichen Arzneimitteln behandeln. Empfehlenswert ist zusätzlich, viel zu trinken und den Unterleib warm zu halten. Die Spontanheilungsrate bei einer Blasenentzündung (Zystitis) liegt bei 30 bis 50%. Sollten die Beschwerden nach fünf Tagen nicht verschwunden sein, ist die Grenze der Selbstmedikation erreicht.

Phytopharmaka haben lange Tradition bei Zystitis

Eine Blasenentzündung ist eine typische Indikation für Phytopharmaka. Als pflanzliches Harndesinfizienz haben Bären traubenblätter bzw. ihre Zubereitungen eine lange Tradition. Die Wirkung wird auf den Inhaltsstoff Arbutin zurückgeführt. Dieser ist ein Prodrug, der in den Wirkstoff Hydrochinon überführt werden muss. Früher wurde bei der Anwendung von Bärentraubenblättern empfohlen, den Harn gleichzeitig zu alkalisieren, damit der Wirkstoff gebildet werden kann. Dies ist jedoch nicht erforderlich. Man weiß heute, dass das freie Hydrochinon unabhängig vom Harn-pH von den Bakterien selbst gebildet wird. Werden Bärentraubenblätter als Tee angewendet, sollten zwei Teelöffel getrocknete Blätter pro Tasse mit kaltem Wasser aufgesetzt werden. Nach sechs bis zwölf Stunden wird kurz aufgekocht und dann abgesiebt. Mit dieser Kaltmazeration wird verhindert, dass magenreizende Gerbstoffe extrahiert werden. Drei Tassen Tee pro Tag sind ausreichend. Da Hydrochinon unter Verdacht steht, mutagen und schwach kanzerogen zu sein, sollten Arbutinhaltige Zubereitungen höchstens fünfmal im Jahr eine Woche eingenommen werden. Aquaretika werden eingesetzt, um pathogene Keime auszuschwemmen. Zum Einsatz kommen vor allem Goldrutenkraut, Birkenblätter, Orthosiphonblätter, Schachtelhalmkraut oder Hauhechelwurzel in Form von Harn- und Blasentees. Ihre diuretische Wirkung wird in erster Linie durch Flavonoide und Saponine vermittelt. Die Diurese soll zudem das Aufsteigen der Keime in das Nierenbecken verhindern. Harnund Blasentees sind auch zur Unterstützung bei einer Antibiotikatherapie sinnvoll. Menschen mit Ödemen infolge von Herz- oder Niereninsuffizienz sollten die Tees jedoch nicht anwenden. Eine fixe Kombination aus den Extrakten von Rosmarinblättern, Liebstöckelwurzel und Tausendgüldenkraut wird aufgrund harntreibender, krampflösender und entzündungshemmender Wirkung zur Behandlung eingesetzt. Eine andere therapeutische Strategie ist das Ansäuern des Harns, da das Wachstum vieler pathogener Bakterien im sauren Milieu gehemmt ist. Medikamentös werden Ascorbinsäure, Ammoniumchlorid und Methionin verwendet. Diätetisch kann eine Harnsäuerung mit Johannisbeer- oder Preiselbeersaft erreicht werden. Die Harnsäuerung wird häufig auch begleitend zu einer Antibiotikatherapie verordnet, um deren Wirkung zu optimieren. Gegen Schmerzen bei einer akuten Blasenentzündung kann Paracetamol, allein oder in Kombination mit einem Spasmolytikum, kurzfristig empfohlen werden.

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GUT ZU WISSEN

Tipps zur Vermeidung einer Blasenentzündung

  • Unterkühlung des Unterleibs vermeiden (z. B. nasse Badekleidung wechseln, nicht auf kaltem Untergrund sitzen, wärmende Unterwäsche tragen)
  • Mindestens zwei Liter pro Tag trinken
  • Blase häufig und vollständig entleeren (tagsüber alle 3 Stunden), Harndrang nicht längere Zeit unterdrücken
  • Beim Toilettengang nur von vorne nach hinten reinigen
  • Nach dem Geschlechtsverkehr Blase entleeren

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