Die Bedeutung der intestinalen Fruktose-intoleranz hat in den letzten Jahrzehnten zugenommen. Dafür wird die steigende Aufnahme von Fruktose verantwortlich gemacht, die als Süßungsmittel in industriell hergestellten Lebensmitteln enthalten ist. Schätzungen gehen davon aus, dass bis zu 30% der Gesamtbevölkerung in westlichen Ländern von intestinaler Fruktoseintoleranz betroffen sind.
Intestinale vs. hereditäre Fruktoseintoleranz
Ursache einer Fruktoseintoleranz ist meist ein gestörter Transport der Fruktose durch die Dünndarmwand. Die Kapazität ist durch einen Defekt am Transportprotein GLUT-5 deutlich vermindert. Es handelt sich demnach um eine Fruktosemalabsorption. Die Erkrankung wird synonym auch als intestinale Fruktoseintoleranz bezeichnet. Davon abzugrenzen ist die hereditäre Fruktoseintoleranz, ein seltener Enzymdefekt, der mit einer Häufigkeit von 1: 20 000 bis 1 : 30 000 auftritt. Aufgrund eines Defektes des Enzyms Aldolase B kann Fruktose-1-Phosphat nicht abgebaut werden und akkumuliert in Leber, Niere und Dünndarm. Betroffene müssen lebenslang eine streng fruktosearme Diät einhalten.
Unspezifische Magen-Darm- Beschwerden
Wird die Fruktose nicht vollständig resorbiert, gelangt sie in den Dickdarm und wird dort bakteriell metabolisiert. Durch den Abbau entstehen Kohlendioxid, Wasserstoff, Methan und kurzkettige Fettsäuren. Die auftretenden Symptome sind vergleichbar mit denen einer Laktoseintoleranz. Bereits Mengen zwischen 25 und 50 g Fruktose führen zu den klassischen Symptomen wie Blähungen, Bauchgeräuschen, Krämpfen, Völlegefühl und/oder Durchfall. Schnell anflutende größere Fruchtzuckermengen (z. B. in Trauben- oder Apfelsaft) wirken bei den meisten Betroffenen abführend. Besonders empfindliche Personen reagieren schon bei kleineren Mengen. Viele Patienten leiden jahrelang unter chronischen Magen-Darm-Beschwerden, ohne dass die Verdachtsdiagnose Fruktosemalabsorption gestellt und geprüft wird.
Diagnose mit Atemtest
Eine Fruktosemalabsorption lässt sich über einen H2-Atemtest diagnostizieren, da bei der bakteriellen Zersetzung von Fruchtzucker Wasserstoff entsteht. Der Patient trinkt auf nüchternen Magen 25 g Fruktose in 250 ml Wasser gelöst. Vor der Einnahme und in Abständen von 20 Minuten nach der Fruktosegabe wird der H2-Gehalt in der Ausatemluft über drei Stunden bestimmt. Kommt es zu einem deutlichen Anstieg der H2-Konzentration und zu klinischen Beschwerden, gilt der Testbefund als positiv.
In der Regel findet sich bei einer Fruktosemalabsorption ein individueller Schwellenwert, ab dem ein Patient mit Beschwerden reagiert. Kleinere Mengen Fruchtzucker verträgt er dagegen problemlos.
Schrittweise zum Wohlbefinden
In der Ernährungstherapie wird in drei Phasen gearbeitet. In der Karenzphase zu Beginn werden über zwei bis vier Wochen Obst, Obstprodukte und Zuckeralkohole, aber auch generell schwer verdauliche Lebensmittel (ballaststoffreiche Lebensmittel, Kohlsorten etc.) nahezu vollständig gemieden, um einen Rückgang der Beschwerden zu erreichen. Dies ist Voraussetzung für die weitere Therapie. Nur wenn der Betroffene wieder beurteilen kann, wie sich Beschwerdefreiheit anfühlt, ist es ihm auch möglich, neu eingeführte Lebensmittel auf ihre Verträglichkeit hin zu prüfen.
In der folgenden Testphase werden dann nach und nach kleine Mengen Fruktose in den Speiseplan integriert, um die individuelle Toleranzgrenze zu ermitteln. Dabei geht es nicht nur um die verträgliche Gesamtmenge an Fruktose, sondern auch um die Testung von verschiedenen Kombinationen, in denen Fruktose enthalten ist. Häufig wird Fruktose besser vertragen bei gleichzeitigem Verzehr von Eiweiß oder Fett. So ist es z. B. günstig, Obst nicht isoliert, sondern zusammen mit Joghurt, Quark etc. aufzunehmen. Durch die langsamere Abgabe des Speisebreis vom Magen an den Dünndarm flutet die aufgenommene Fruktose langsamer an und das Transportsystem für Fruktose wird nicht überbeansprucht. Die gleichzeitige Aufnahme von Glukose bewirkt eine effizientere Absorption der Fruktose. Somit lässt sich auch durch die bewusste Erhöhung der Glukosemenge in gesüßten Speisen eine bessere Verträglichkeit erreichen.
In der dritten Phase der Therapie, der so- genannten Erhaltungsphase, geht es darum, auf der Basis der individuellen Verträglichkeitsgrenze die Beschwerdefreiheit durch geeignete Umstellung der Verzehrgewohnheiten zu erhalten. Ziel ist eine schmackhafte, bedarfsdeckende Ernährung ohne unnötige Verbote. Da Gemüse fast uneingeschränkt und Obst in Maßen gegessen werden kann, sind Vitamindefizite nicht zu erwarten. In manchen Fällen reicht es schon aus, auf besonders fruktosereiche Lebensmittel wie Trockenfrüchte, Äpfel, Birnen, Pflaumen und Weintrauben bzw. auf deren Säfte zu verzichten.
Training des Transportsystems
Die Patienten sollen auch lernen, die für sie verträgliche Fruktosemenge tatsächlich über das Essen und Trinken aufzunehmen. Das sichert ihnen nicht nur einen möglichst abwechslungsreichen Speiseplan, sondern trainiert auch das Fruktose-Transportsystem im Dünndarm. AIS