(Fast) alles umsonst?

NATUR+PHARMAZIE 11/2000

Beziehungskrise zwischen Apotheke und Industrie

Eine Studie bringt es an den Tag: In der Beziehung Pharma- bzw. Kosmetikindustrie und Apotheke gibt es einige Probleme! 44 % der befragten Apotheker und Apothekerinnen haben in den vergangenen zwei Jahren eine qualitative Verschlechterung der Dienstleistungen von pharmazeutischer und kosmetischer Industrie festgestellt. 43 % sind mit dem derzeitigen Dienstleistungsangebot nicht zufrieden. Setzt die Apotheke zu hohe Erwartungen in ihre Partner von der Industrie? Oder passen Angebot und Nachfrage nicht optimal zusammen?

Um diesen Fragen auf den Grund zu gehen, wurden 4 500 deutsche Apotheken mittels Fragebogen um ihre Stellungnahme gebeten. Hier das Ergebnis: Verkaufsdisplays und Werbeplakate haben nur dann eine Chance abgenommen zu werden, wenn sie den Apotheken kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Bei einem kostenpflichtigem Angebot sagen 41 % (Verkaufsdisplays) bzw. 59 % (Werbeplakate) der Apotheken: Nein, danke! Auch Mitarbeiter-Trainings werden von den Apothekern vor allem dann in Anspruch genommen (48 %), wenn sie das Budget nicht belasten. Insgesamt 68 % der Apotheker geben an, von kosten-pflichtigen Mitarbeiter-Trainings nur selten oder nie Gebrauch zu machen. Apotheker-Fortbildung darf hingegen etwas kosten: 41 % der befragten Apotheker nehmen häufig an Fortbildungen teil, für die sie auch bezahlen müssen. Kostenloser Fortbildung steht der Apotheker eher misstrauisch gegenüber; 66 % besuchen nur selten derartige, von der Industrie offerierte Veranstaltungen. Schaufenstergestaltung, Werbemittel, Anzeigenvordrucke und Internet-Auftritt, all diese Dienstleistungen würde der überwiegende Teil der Apotheker in Anspruch nehmen - unter einer Voraussetzung: kostenlos müssen sie sein. An kaufmännischer bzw. Rechts-Beratung besteht jedoch selbst dann kein großes Interesse. Verschiedenste, von der Industrie angebotene Trainingsmöglichkeiten (z. B. zur Kundenorientierung, Servicekommunikation, Verbesserung der Teamarbeit, Verkaufstraining) fänden bei den Apothekern Anklang. Doch auch hier ist die Mehrheit nicht bereit, dafür in die Tasche zu greifen. Überraschende Ausnahme: für Trainings zum richtigen Verhalten bei Reklamationen würden 62 % der Apotheker und Apothekerinnen bezahlen. Die Apotheken sind sich offenbar durchaus bewusst, wie wichtig, aber schwierig, ein versierter Umgang mit anspruchsvollen, kritischen Kunden ist. Eine eindeutige Absage erteilen Apotheken der Industrie beim Angebot von Trainings, in denen das Verhalten gegenüber einzelnen Bevölkerungs- bzw. Patientengruppen (Senioren, Eltern bzw. Jugendlichen) geschult werden soll. 56 % bis 79 % erachten eine derartige Unterstützung durch die Industrie für unnötig - unabhängig von den Kosten. Einfache Anwendung der Präparate, Patientenbroschüren, zusätzliche kostenlose Dienstleistungen, Produktwerbung (TV, etc.) und gute Produktberatung werden von jeweils weit über 50 % der Apotheken als besonders wichtiger Beitrag der Industrie eingestuft. Ein günstiger Preis wird noch von 48 % als wichtig erachtet. Weniger wichtig erscheinen dem Apotheker die Besuche von Außendienst-Mitarbeitern (49 %!) oder die Bereitstellung von Schaufenster-Dekorationen (48 %). Ein überraschend hoher Prozentsatz (40 %) bewertet auch eine gute Produkt-beratung als "weniger wichtig". Auf das Angebot von Theken-Aufstellern oder von zusätzlichen kostenpflichtigen Dienstleistungen können die Apotheker am leichtesten verzichten: ca. 80 bzw. 90 % der Befragten beurteilen diese Faktoren als "weniger wichtig" oder sogar "unwichtig" für eine gute Zusammenarbeit mit der Industrie. Auch die Funktion des Außendienst-Mitarbeiters (AD) dem klassischen Bindeglied zwischen Industrie und Apotheke, wird von der Studie unter die Lupe genommen: Muss er sich schon damit abfinden, dass fast die Hälfte der befragten Apotheker seinen Besuch als "weniger wichtig" erachtet, so gibt es doch eine sehr konkrete Erwartungshaltung bezüglich seiner Fähigkeiten. Ein guter AD-Mitarbeiter sollte - laut Apotheker - kompetent beraten (92 %), umfassende Produktkenntnis besitzen (67%), Verkaufsargumente liefern (66%) sowie Verkaufstrainings für das Team abhalten können (60 %). Seine Qualitäten in der Schaufenstergestaltung bzw. Wettbewerbsbeobachtung scheinen hingegen weniger gefragt zu sein: 61 bzw. 44 % stufen diese Serviceleistungen in die Kategorie "weniger wichtig" ein. Als Marketing-Berater muss sich ein AD-Mitarbeiter überhaupt nicht bewähren: 50 % beurteilen diese Fähigkeit als "unwichtig"! (CHS)

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