Mikrobiom

Naturmedizin 6/2020

Die Darmflora beeinflusst das Altern

Der Darm mit seinen zahlreichen Mikroorganismen leistet einen maßgeblichen Beitrag zu unserer Gesundheit und unserem Wohlbefinden. Doch wie verändert sich das Mikrobiom des Darms bei hochaltrigen Menschen? Und welchen Einfluss hat seine veränderte Zusammensetzung auf die Gesundheit geriatrischer Patienten – und ihr Altern? Mit dieser Thematik setzt sich Professor Christoph Kaleta, Leiter der Arbeitsgruppe „Medizinische Systembiologie“ am Institut für Experimentelle Medizin der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, auseinander.
Kaleta zeigte in einer Keynote im Rahmen einer geriatrisch-gerontologischen Online-Konferenz der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie (DGG) mit Beteiligung der Deutschen Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie (DGGG) im September 2020 in seinem Beitrag „Elucidating the contribution of the gut microbiome to aging“ auf, wie mikrobiombasierte Therapien das Altern verlangsamen können.
„Wir haben festgestellt, dass sich das Mikrobiom im alternden Körper opportunistisch verhält. Das bedeutet im Detail, dass es die Produktion von – für seinen Wirt vorteilhaften – Metaboliten reduziert und gleichzeitig seinen eigenen Verbrauch von Nährstoffen erhöht“, sagt Christoph Kaleta und fährt fort: „Diese verminderte Kapazität der Mikrobiota in unserem Darm spielt eine zentrale Rolle für das Altern. Erkennbar wird das beispielsweise bei der Zellproliferation und Reparatur von DNA-Schäden.“ Den Teilnehmern der Online-Konferenz zeigte er auf, was diese Veränderung des Mikrobioms im Detail bedeutet, aber auch, wie die Medizin es nutzen kann, um dem Altern entgegenzuwirken.
 
Medizinische Systembiologie
Am Institut für Experimentelle Medizin der Universität Kiel gehen Christoph Kaleta und sein Team der Frage nach, wie unser biologisches System als Ganzes funktioniert, welche Mechanismen Krankheiten auslösen und wie das Mikrobiom mit dem Wirt interagiert. In der sogenannten Systembiologie, einer zukunftsweisenden Forschungsdisziplin, werden integrative Analysen großer Datenmengen, Modellierungen und Nasslaborexperimente vollzogen, um schlussendlich besser zu verstehen, wie biologische Prozesse ablaufen und Krankheiten entstehen.
 
Mikrobiom als Ansatzpunkt für Therapien
Für Christoph Kaleta steht fest, dass therapeutische Interventionen, die auf das Mikrobiom ausgerichtet sind, das Altern aktiv verlangsamen können. Hierfür haben er und sein Team bereits erste Experimente mit einigen Medikamenten durchgeführt. „Beispielsweise spielt es eine wesentliche Rolle im Wirkungsmechanismus des Typ-2-Diabetes- Medikaments Metformin. Dieses ist in der Lage, die Lebensspanne in einer Vielzahl von Organismen und möglicherweise auch im Menschen zu verlängern“, so der Forscher. Experimente mit Fadenwürmern und Studien mit hochbetagten Patienten haben gezeigt, dass nach der Einnahme des Medikamentes das Mikrobiom aktiver ist.
Die Experimente mit Metformin sind nur ein erster Nachweis dafür, dass die Erforschung biologischer Mechanismen Alterserscheinungen verbessern oder gar reduzieren kann. „Das Mikrobiom, besonders im Darm, wird zunehmend als Modulator für die Gesundheit seines Wirts anerkannt, vor allem im Kontext des Alterns“, so Christoph Kaleta. In seiner Keynote zeigte er detailliert auf, wie erfolgsversprechend Therapien sind, die direkt die Mikrobiota ansprechen. „Wenn wir die mikrobiellen Gemeinschaften im menschlichen Körper verstehen, können wir auch die Pathomechanismen menschlicher Krankheiten besser verstehen – und das Mikrobiom nutzen, um sie zu behandeln.“ Die Erkenntnisse aus der Systembiologie können auch die Therapie von Alterserscheinungen entscheidend verändern.
Quelle: Pressemitteilung: Deutsche Gesellschaft für Geriatrie (DGG), Torben Brinkema 

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