Organische Umweltgifte

NATUR+PHARMAZIE 3/2019

Einfluß von 27 organischen Umweltschadstoffen auf das ADHS-Risiko

Auf der Suche nach kausalen oder zumindest auslösenden Faktoren für eine ADHS wurde in Norwegen die Exposition von Kindern im frühen Lebensalter gegenüber 27 organischen Umweltschadstoffen geprüft. Tatsächlich gingen zwei der Umweltgifte mit einem deutlich erhöhten ADHS-Risiko einher.
In einer Geburtenkohorte von 2.606 norwegischen Mutter-Kind-Paaren, die zwischen 2002 und 2009 in die Human Milk Study (HUMIS) eingeschlossen worden waren, lagen für 1.199 Paare Daten zur neurologisch-psychiatrischen Entwicklung der Kinder vor. 55 (4,6 %) hatten im Jahr 2016 die Diagnose einer ADHS nach ICD- 10( hyperkinetische Störung) erhalten.
Als Proxy für die frühkindliche Belastung wurden die Konzentrationen von 27 organischen Schadstoffen in der Muttermilch in vier Klassen gemessen: 14 polychlorierte Biphenyle (PCB), fünf Organochlorpestizide (OCP), sechs bromierte Flammschutzmittel (Polybromierter-Diphenyläther, PBDE) und zwei Perfluoralkylsäuren (PFAS).
 
Perfluoroctansulfonat und ß- Hexachlorcyclohexan
Zehn Substanzen zeigten eine Verbindung mit einer kindlichen ADHS, am robustesten war diese für vier: Die Konzentrationen von Perfluoroctansulfonat (PFOS) und ß-Hexachlorcyclohexan (ß-HCH) gingen mit einem signifikant erhöhten ADHS-Risiko einher: Pro Anstieg der interquartilen Spanne (IQR) der Konzentrationen ergab sich eine Risikoerhöhung um 77 % für PFOS (OR 1,77, 95%-KI 1,16 - 2,72) und um 79 % für ß-HCH (OR 1,79; 95%-KI 1,21 - 2.65).
 
Hexachlorbenzol und p‘-DDE
Darüber hinaus zeigte Hexachlorbenzol (HCB) eine nicht lineare Assoziation mit der ADHS mit einer Risikoverringerung um 53 % bei höheren (> 8 ‑ng/g) Konzentrationen (OR 0,47; 95%-KI 0,29 - 0,77) und einem Risikoanstieg im niedrigen Expositionsbereich.
Gänzlich unerwartet war, dass die Muttermilchkonzentrationen des DDT-Metaboliten p (p‘-DDE) mit einer um 36 % geringeren ADHS-Wahrscheinlichkeit verknüpft waren (OR 0,64; 95%-KI: 0,42 - 0,97).
 
Vorsicht vor Fischverzehr
Die Effekte für die 23 übrigen Schadstoffe fielen geringer und uneinheitlicher aus. In einer a-posteriori-Analyse wurde festgestellt, dass die wesentliche Quelle für die vier Substanzen der Fischverzehr war (+ 4 bis 7 % pro IQR). Fette Fischarten waren ein Prädiktor für ß-HCH, HCB und p, p‘-DDE und magerer Fisch für PFOS. JL
Quelle: Lenters V et al.: Early-life exposure to persistent organic pollutants (OCPs, PBDEs, PCBs, PFASs) and attention-deficit/hyperactivity disorder: A multi-pollutant analysis of a Norwegian birth cohort. Environ Int 2019; 125: 33-42
ICD-Codes: F90.0

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