Kleines Mineralstoff-Vademecum 5. Folge

NATUR+PHARMAZIE 1/2001

Eisen - Für eine Eiserne Gesundheit

Nach Zink (Ausgabe 9/2000) und Jod (10/2000) stellen wir Ihnen in dieser Folge unseres Mineralstoff-Vademecums mit Eisen ein weiteres Spurenelement vor. Eisen ist von zentraler Bedeutung für die Sauerstoffversorgung unseres Organismus und ein wichtiger Kofaktor für viele Enzyme und Proteine. Der durchschnittliche Eisenbestand im Körper liegt zwischen 3 und 5 g, dies entspricht in etwa dem Gewicht eines mittelgroßen Nagels. Der tägliche Eisenverlust durch Stuhl, Hautabschilferung, Schweißabsonderung etc. beträgt etwa 1 bis 2 mg, weshalb wir dem Körper kontinuierlich Eisen zuführen müssen.

Eisen ist das am längsten bekannte Spurenelement. Bereits im frühen 18. Jahrhundert konnte es als Bestandteil von Leber und Blut identifiziert und der Eisengehalt des Hämoglobins bestimmt werden. Eine im wahrsten Sinne des Wortes tragende Rolle übernimmt Eisen als Bestandteil des Hämoglobins der roten Blutkörperchen, indem es Sauerstoff bzw. Kohlendioxid bindet und so den Transport zwischen Lunge und Gewebe in den notwendigen Mengen möglich macht. Der Grund: im Gegensatz zu anderen Metall-ionen kann Eisen mit neutralen Molekülen wie Sauerstoff reagieren. Diese Eigenschaft macht sich der Körper auf vielfältige Weise zunutze. Eisen findet sich im Muskelfarbstoff Myoglobin, es ist Bestandteil vieler Enzyme und Coenzyme, die mit molekularem Sauerstoff reagieren und am Elektronentransfer sowie an zahlreichen Oxidations- und Reduktionsvorgängen beteiligt sind (z. B. Cytochrome, Dioxygenasen, Hydroxylasen, Katalasen, Peroxidasen). Darüber hinaus ist Eisen wichtig für unser Immunsystem. Etwa 70% des Körpereisens sind im Hämoglobin gebunden, 3-5% im Myoglobin, mengenmäßig der größte Teil des Restes wird in Eisenspeicherproteinen wie Ferritin, Transferrin oder Hämosiderin bevorratet. Eisen wird überwiegend im oberen Dünndarm mit Hilfe verschiedener Bindungsproteine und Rezeptoren absorbiert, ein aktiver (und damit mengenmäßig limitierter) Prozess. Wichtige Partner für die Eisenaufnahme sind Vitamin C und Kupfer. Vitamin C wirkt stabilisierend auf das zweiwertige Eisen (Fe2+) und verbessert die Eisenresorption. Der Stoffwechsel von Kupfer korreliert eng mit dem des Eisens und das Metall spielt bei der Bildung von Transferrin eine große Rolle. Der Eisentagesbedarf von Erwachsenen liegt bei 10 bis 15 mg, von Säuglingen bei 0,5 bis 8 mg und Kindern (1 bis 15 Jahre) bei 8 bis 15 mg. Schwangere brauchen täglich 30 mg, Stillende 20 mg. Für die Beurteilung des Eisengehalts eines Lebensmittels gilt, ähnlich wie für andere Spurenelemente auch, dass nicht der absolute Eisengehalt entscheidend ist, sondern dessen Bioverfügbarkeit. Die Bioverfügbarkeit ist bei tierischen Lebensmitteln deutlich besser als bei pflanzlicher Nahrung, da das zweiwertige Eisen, das im Fleisch enthalten ist, wesentlich besser absorbiert wird als das dreiwertige in pflanzlicher Nahrung. So liegt die Absorptionsrate von Eisen aus Sojabohnen bei gut 5% (aus Spinat nur bei 1-1,5%), aus Fisch demgegenüber bei 10-12% und aus Fleisch sogar bei 20-25%. Studien haben allerdings gezeigt, dass bei geeigneter Nahrungsauswahl vegetarische Kost nicht automatisch in einer schlechteren Eisenversorgung resultiert. Obwohl in der westlichen Welt Mangel-ernährung im engeren Sinne eher selten ist, ist unsere sogenannte "moderne" Ernährung in Bezug auf Eisen nicht gerade optimal: Tannine (schwarzer bzw. gerbstoffreicher Tee, Kaffee), Oxalate (Spinat, Rha-barber), Phytate (im Getreide) und Alginate (in Fertigsuppen) bilden schwer lösliche und damit schwer absorbierbare Verbindungen. Absorptionshemmende Wirkung haben u.a. auch Kalzium und Phosphor. Hauptursachen für einen Eisenmangel sind jedoch meist eine erhöhte Ausscheidung bzw. ein gesteigerter Bedarf. In erster Linie zu nennen ist dabei die (verstärkte) Regelblutung (die Eisenausscheidung kann auf 1,4-2 mg/Tag steigen), weshalb bei jeder zweiten menstruierenden Frau ein latentes Eisendefizit festzustellen ist. Während der Schwangerschaft steigt der Bedarf an Eisen kontinuierlich an, ein vorbestehendes Defizit verstärkt sich - gefährdet sind dann auch das Ungeborene bzw. der Säugling. Weitere Ursachen für einen Eisenmangel sind eine Störung der Aufnahme (sog. Malabsorptionssyndrom), regelmäßige Blutspenden, rezidivierende Blutungen und chronische Blutverluste (Hämorrhoiden!), entzündliche Magen-Darm-Erkrankungen, Resektion von Teilen des Magens und/oder Darmes. Auch in der Wachstumsphase bei Jugendlichen sowie bei Leistungssportlern kann es zu Engpässen in der Eisenversorgung kommen. Weitere häufige Ursache eines Eisenmangels ist die Wechselwirkung mit Medikamenten: Antazida binden Eisen, andere Arzneistoffe wie Salicylate, Tetrazykline oder Cholestyramine hemmen die Eisenabsorption, umgekehrt Eisen die von Thyroxin. Ein Eisenmangel tritt nicht plötzlich auf, sondern langsam und sukzessive. Während die Eisenspeicher langsam aufgebraucht werden, fehlen klinische Symptome über lange Zeit. Erst spät sinkt messbar der Eisenspiegel im Blut, Transferrin steigt, im Knochenmark ist kein Eisen mehr nachweisbar. Dauert dieser Zustand länger an, kommt es zum Voll-bild der Anämie, die Hämoglobinbildung ist beeinträchtigt, im Blutbild lässt sich eine hypochrome mikrozytäre Anämie beobachten. Der Serum-Eisenspiegel ist übrigens zur Diagnostik ungeeignet, da er starken Tagesschwankungen (mor-gens niedriger als abends) unterliegt, aussagekräftiger ist der Ferritinspiegel. Symptome eines Eisenmangels siehe Tabelle. Eisengaben als Therapeutikum waren bereits in der Antike bekannt. Herodot (Griechenland, um 490-430 v.Chr.) empfahl bei Bleichsucht den Verzehr saurer Äpfel, in die man am Tag zuvor einige Hufnägel gesteckt hatte. Womit er offensichtlich recht hatte - zeigte doch eine kürzlich in der Zeitschrift Lancet veröffentlichte Studie, dass die Verwendung von eisernem Kochgeschirr in Äthiopien für die dortige Bevölkerung eine wichtige prophylaktische Maßnahme darstellt. Medizinisch wünschenswert ist allerdings eine differentialdiagnostische Abklärung vor Einleitung einer Pharmakotherapie mit Eisenpräparaten. Eine perorale Eisensubstitution ist meist die Therapie der Wahl, parenterale Eisensubstitution (Injektion) kommt nur für ganz bestimmte Fälle (z.B. Morbus Crohn) in Betracht, da schwere Nebenwirkungen auftreten können. Wichtig für die Wahl des Eisenpräparates ist, dass es zweiwertiges Eisen enthält, um eine hohe Bioverfügbarkeit und gute Magen-Darm-Verträglichkeit zu gewährleisten. Eisenpräparate werden idealerweise etwa 30 Minuten vor dem Essen eingenommen, um eventuelle Wechselwirkungen mit anderen Nahrungskomponenten möglichst gering zu halten. Da mit steigender Zufuhr von Eisen die Absorptionsrate im Darm sinkt, ist auch die Einnahme höherer Dosierungen in der Regel sicher. Vorsicht ist geboten bei be-stimmten Eisenstoffwechselerkrankungen wie der Eisenspeicherkrankheit (Hämochromatose), bei der Eisen ohne diese natürliche Barriere aufgenommen und eingelagert wird, sowie bei der Thalassämie (Mittelmeeranämie) und der Infektions- oder Tumoranämie. Bei chronischem Alkoholabusus wird nicht selten eine Eisenverwertungsstörung beobachtet. (KLR)

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