Kleiner Junge mit Mundschutz hält Teddy im Arm der auch eine Maske trägt

Im Gespräch

Naturmedizin 3/2021

„Es gibt natürliche Hilfe für psychisch belastete Kinder“

Peter Emmrich ist Diplom-Biologe, Chemiker und Facharzt für Allgemeinmedizin mit den Zusatzbezeichnungen Homöopathie, Naturheilverfahren, Akupunktur, manuelle Medizin, Sportmedizin und Palliativmedizin. Er führt eine Hausarztpraxis in Pforzheim.
Herr Emmrich, Sie behandeln auch viele Kinder in Ihrer Hausarztpraxis. Bemerken Sie in der letzten Zeit eine Zunahme an psychisch bedingten bzw. psychosomatischen Beschwerden?
Nach einem Jahr Corona- Pandemie können wir ganz klar sagen, dass viele Kinder sich in ihrem Wesen verändert haben. Sie zeigen sich verängstigt, meiden soziale Kontakte und entwickeln immer mehr Schlafstörungen. Darüber hinaus nimmt ihre Konzentration ab. Ob das durch das Tragen der Masken im Unterricht mitbegünstigt wird, sollen Untersuchungen zeigen, welche im Moment laufen. Die ersten Ergebnisse geben deutliche Hinweise darauf. Aber auch schon vor Corona hatten wir immer wieder Kinder behandelt, welche überlastet waren und oftmals durch falsche Ernährung und Bewegungsmangel in einen defizitären Zustand rutschten.
 
Viele Eltern trauen sich nicht, über Schulprobleme und emotionale Schwierigkeiten der Kinder zu berichten, sie haben Angst vor Vorverurteilung und negativen Diagnosen. Wie gelingt eine vertrauensvolle Begleitung bei Ihnen in der Praxis?
Im vertrauten ärztlichen Patientengespräch wird meist zusammen mit einem Elternteil über das Problem des Kindes gesprochen und gemeinsam versucht einen Lösungsvorschlag zu erarbeiten. Dieser schließt oft einen psychologischen Diskurs mit ein und manchmal wird das Kind in einem kinderpsychologischen Zentrum zur Abklärung vorgestellt. Wir stimmen uns sehr eng mit dem Elternhaus und dem sozialen Umfeld des Kindes ab. Auch sind Gespräche mit der Schule sinnvoll oder wir erbitten eine Beurteilung durch den Klassenlehrer oder den Vertrauenslehrer, an den sich das Kind schon gewendet hat. Oftmals verhält sich das Kind ganz anders im Unterricht oder in der Schule (Pausenhof) als im häuslichen Umfeld. Auch kann ein Mobbingproblem mitunter aufgedeckt werden, das bisher den Eltern nicht bekannt war. Sicherlich ist eine Verhaltenstherapie für das Kind als weitere Option sinnvoll.
 
Stichwort Diagnose und Therapie: ADHS wird mittlerweile sehr häufig diagnostiziert, und sehr viele Kinder erhalten Ritalin. Wie ordnen Sie diese Entwicklung ein?
Dieses als Aufmerksamkeits- Defizit-Hyperaktivitäts-Störung bezeichnete Krankheitsbild kann viele Ursachen haben, die nur schwer zu eruieren sind. Neben psychosoziale Faktoren werden mittlerweile auch genetische Veranlagungen als Ursache in Betracht gezogen. Die Hauptmerkmale sind Unaufmerksamkeit, Bewegungsdrang (Hyperaktivität) und Impulsivität. ADHS gehört zu den häufigsten psychischen Störungen in der Kindheit. Viele Kinderpsychiater sprechen die Empfehlung eines Medikamentes mit dem Wirkstoff Methylphenidat aus, das den meisten unter dem Handelsnamen Ritalin bekannt sein dürfte. Dieses verschreibungspflichtige Medikament gehört in die Gruppe der Phenylethylamine und besitzt eine stimulierende (anregende) Wirkung, unterdrückt Müdigkeit und wirkt antriebs- und leistungssteigernd. Vornehmlich die Konzentration soll damit verbessert werden. Die einen finden es als die Erfüllung die Probleme damit in Griff zu bekommen, andere hingegen sehen es als „Ruhigstellen“ der Kinder während des Unterrichtes. Gerade in der Anfangszeit kann es zu sogenannten Anpassungsschwierigkeiten kommen, häufig zu Bauchschmerzen und Erbrechen. Aber auch ein spätes Einschlafen und ein unruhiger nicht erholsamer Schlaf können unter der Einnahme des Präparates auftreten. Neben Juckreiz der Haut, Hautentzündungen und vermehrtem Schwitzen äußern viele Kinder auch ein ausgeprägtes Herzklopfen und einen erhöhten Blutdruck, selten auch mit einer Enge in der Brust (Angina pectoris). Und die Gefahr des Missbrauchs sollte nicht unberücksichtigt bleiben.
 
Mit welchen naturheilkundlichen Ansätzen haben Sie in der Praxis gute Erfahrungen gemacht?
Zwei Heilpflanzensäfte haben sich bei mir sehr bewährt, sie haben keine Nebenwirkungen und sind sehr gut verträglich. Das ist die Kaktusfeige (Opuntia ficusindica L.), welche bei nervlicher Anspannung und Erschöpfung als auch zur körperlichen Leistungssteigerung alle notwendigen Inhaltsstoffe besitzt. Leicht lösliche Zuckerarten, Spurenelemente wie Eisen und Zink, Mineralstoffe, nämlich Calcium, Kalium und Magnesium und die Vitamine B1, B2, B6, B9, Vitamin C und E. Optimiert die Aufnahme lebensnotwendiger Stoffe in die Körperzellen und hilft darüber hinaus, entzündliche Prozesse zum Abheilen zu bringen.
Und zum anderen der Hafer (Avena sativa L.) Schon von Alters her ist Hafer ein Aufbau- und Kräftigungsmittel und gleicht nervöse Erschöpfungszustände aus. Enthält neben Polysacchariden (Beta-Glucan) vor allem die Nervenvitamine B1 und B 6. Vitamin B1 fördert die Reizübertragung zwischen den Nervenzellen und Vitamin B 6 ist wichtig bei Blutarmut, depressiver Verstimmung und Nervenentzündungen. Neben den Mineralien Kalium, Magnesium und Phosphor enthält Hafersaft auch Spurenelemente wie Zink, Kupfer und Selen.
Von beiden Heilpflanzensäften trinkt man als ideale Kombination 2-mal täglich 15 ml morgens und abends. Nach 6 Wochen haben sich deutliche Verbesserungen ergeben. Wer möchte, kann noch ein gutes Omega-3-Fettöl wie Leinöl oder Leindotteröl für den Salat einsetzen. Ein Alternativpräparat wäre Esprico.
 
Was unterscheidet Heilpflanzensäfte von anderen Zubereitungsformen?
Das Besondere an den Heilpflanzensäften aus frischen Pflanzen aus dem Bioanbau ist, dass sie keine Extraktion erfahren haben, keine Isolierung, keine Anreicherung mit Vitaminen oder Mineralstoffen, keine enzymatische Behandlung, keine Konservierungsmittel, keinen Alkohol und keinen Zucker beinhalten. Natur pur.
 
Fallbeispiel aus der Praxis
Ron ist ein 12-jähriger Hauptschüler, der die dritte und die fünfte Klasse doppelt machen musste, weil er sich partout nicht konzentrieren kann. Jetzt bekommt er seit einem viertel Jahr Ritalin. Darunter hat sich an seinen schulischen Leistungen nicht viel verändert. Er klagt jedoch seit wenigen Wochen nicht einschlafen zu können, weil das Herz ihm so stark poche, als ob es ihm aus dem Brustkorb springen wolle. Phasenweise juckt ihn die Haut am Rücken und an den Oberschenkeln. Im Alltag ist er oftmals nicht mehr so überdreht und macht im Unterricht seltener den Klassenclown, so ab und an rastet er zuhause völlig aus und brüllt herum wie ein „Geisteskranker“ berichtet mir die Mutter. Es ist alles nicht so einfach, nachdem ihr Mann nun ausgezogen ist. Sie wollen sich scheiden lassen und Ron als einziges Kind leidet sehr unter der Situation mit dem Vater. Dieser trank in den letzten Monaten immer mehr und war dadurch ungenießbar.
Ihr Wunsch ist eine andere Therapie für Ron zu erfragen. Ich schlage in Verbindung mit einer Psychotherapie die Kombination aus den beiden Frischpflanzensäften Kaktusfeige und Hafer mit jeweils 2-mal 15 ml vor und nach 6 Wochen kommen ganz erfreuliche Rückmeldungen. Das Herzklopfen am Abend hat aufgehört und den Schlaf empfand Ron erholsamer. Ich reduziere daraufhin die Ritalin Dosis auf die Hälfte. Nach weiteren 6 Wochen gab es auch aus der Schule positive Rückmeldungen von den Lehrern. Ritalin wurde abgesetzt und nur noch mit Kaktusfeige und Hafersaft die Behandlung fortgeführt. Nach weiteren 6 Monaten war aus Ron ein ganz anderer Mensch geworden. Er geht strukturiert seine Hausaufgaben an, macht regelmäßig Sport und hilft ab und zu der Mutter im Haushalt, was früher nicht denkbar gewesen wäre. Das Verhältnis zum Vater ist gut. Sie sehen sich alle 14 Tage und Ron fühlt sich in seiner Haut wohl. Kein Juckreiz und kein Herzklopfen plagen ihn mehr.

 

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