„Blinder Fleck“ in der Diagnostik?

NATUR+PHARMAZIE 9/2010

Gehäuft Epilepsien bei Kindern mit ADHS

Studien zufolge leiden Kinder mit Epilepsie 2,5 bis 5,5mal häufiger als andere unter Symptomen der ADHS, aber es gibt kaum Untersuchungen zum Epilepsie risiko von Kindern mit ADHS. Nun wurden Inzidenz und Merkmale einer Epilepsie bei Kindern anhand einer retrospektiven Datenauswertung über 20 Jahre erfasst.

In einer Geburtskohorte (1976-1982) wurden 358 Kinder mit einer ADHS identifiziert. 728 gematchte Kinder ohne ADHS dienten als Kontrollen. An epileptischen Anfällen litten acht ADHS-Kinder und sechs der Kontrollgruppe. Die Kinder mit ADHS wiesen demnach ein 2,7fach höheres relatives Risiko für eine Epilepsie auf (95% KI: 0,94 –7,76; p = 0,066). Unter den Betroffenen stellten sich die epileptischen Anfälle zudem im Durchschnitt deutlich früher ein (5,5 vs. 15 Jahre; p = 0,020). Außerdem war das Intervall zwischen erstem und zweiten Anfall kürzer, es bestand ein Trend für häufigere Anfälle (> 1 pro Monat: 63 vs. 17%), und die komorbid Erkrankten benötigten häufiger ein zweites Antiepileptikum bzw. blieben therapierefraktär.

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Praxisfazit
?! Trotz der größtenteils nicht signifikanten, sondern nur tendenziellen Unterschiede deuten diese Ergebnisse mit 2,2% Betroffenen auf eine fast dreifach höhere Inzidenz von Epilepsien bei ADHS-kranken Kindern als bei Gleichaltrigen ohne ADHS hin. Sie scheinen lebensgeschichtlich sehr früh aufzutreten und schwerer zu verlaufen. Für die Ätiologie beider Erkrankungen werden seit langem gemeinsame genetische und Umweltfaktoren diskutiert. Dass die ADHS bei den komorbid Erkrankten im Behandlungsalltag seltener erkannt wird, weist auf „blinde Flecken“ in der Diagnostik von Aufmerksamkeitsdefizit, Hyperaktivität und Impulsivität bei Epilepsie-kranken Kindern hin. Die so ausbleibende Therapie kann sich auf ihr Lebensschicksal negativ auswirken.

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