Grundimmunisierung und Risikoschutz

NATUR+PHARMAZIE 11/2000

Impfsituation in Deutschland verbessern

Impfungen schützen nicht nur vor einer individuellen Erkrankung, sondern verhindern bei breitem Einsatz auch den Ausbruch von Epidemien. Jeder Einzelne trägt also Verantwortung für sich und für das Wohl der Allgemeinheit. Die Impfberatung gehört deshalb zu den wichtigen Aufgaben für die Apotheke.

Schutzimpfungen sind nach Berechnungen der Weltbank die "beste Investition um Gesundheit zu produzieren". Doch werden sie zu wenig in Anspruch genommen. Kinder werden zu spät oder unvollständig geimpft und rund zwei Drittel der Erwachsenen weisen deutliche Immunitätslücken auf. In der Bundesrepublik besteht keine Impfpflicht, wichtige Impfungen werden von den obersten Gesundheitsbehörden der Länder "öffentlich empfohlen". Sie orientieren sich an den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert-Koch-Institut in Berlin. Ein Impfschutz muss bereits im frühen Säuglingsalter aufgebaut und im späteren Jugend- und Erwachsenenalter durch Wiederimpfungen aufgefrischt werden. Durch eine dreimalige Impfung im 3., 4. und 5. Lebensmonat wird ein Basisschutz gegen Diphtherie, Tetanus, Pertussis, Poliomyelitis und gegen den Haemophilus influenzae b-Erreger (Hib) geschaffen, der ab dem 12. Lebensmonat wiederholt wird. Weitere Auffrischimpfungen sind bei der Vorschuluntersuchung im 5./6. Lebensjahr und zwischen dem 11. und 18. Geburtstag vorgesehen. Im Erwachsenenalter sollte alle zehn Jahre und vor größeren Reisen der Impfschutz überprüft und ggf. ergänzt werden. Seit 1995 wird die Hepatitis-B-Impfung für alle Säuglinge, Kinder und Jugendliche empfohlen. Seit 1996 rät die STIKO bei der Polio-Impfung nicht mehr zur oralen Poliovakzine (OPV; Risiko einer vakzineassoziierten Poliomyelitis), sondern zu einem injizierbaren Polioimpfstoff (IPV). Die STIKO empfiehlt Kombinationsimpfstoffe, weil sie das Handling vereinfachen, die Zahl der Injektionen sowie der Impftermine verringern und die Kosten senken. Sie sollen außerdem die Impfakzeptanz und Durchimpfungsraten in der Bevölkerung anheben. Für die Impfungen gegen Diphtherie, Tetanus, Pertussis, Poliomyelitis und Hib stehen gut verträgliche und hochwirksame Fünffachimpfstoffe zur Verfügung. Sechsfachimpfstoffe in Verbindung mit der Hepatitis B-Komponente, die gegenwärtig noch als dreimalige monovalente Impfung bei Kindern und Jugendlichen verabreicht werden muss, sind bereits in der klinischen Prüfung und werden demnächst erwartet. Ein weiterer Kombinationsimpfstoff ist der Masern-, Mumps-, Röteln- (MMR) Kombinationsimpfstoff: Nur mit einer zweimaligen MMR-Impfung für alle Kinder und Jugendlichen bis zum 18. Lebensjahr wird es möglich sein, wie in den skandinavischen Ländern diese Erkrankungen auch in Deutschland auszurotten. Eine Expertengruppe im "Forum Influenza" möchte aufgrund der Erfahrungen im letzten Winter die Empfehlungen zur Grippeimpfung erweitern. Unverzichtbar ist sie für Risikogruppen, zu denen jetzt bereits Personen über 50 Jahre gezählt (bisher 65 Jahre) werden. Die Altersgrenze wurde den amerikanischen Empfehlungen angepasst, da sich herausgestellt hat, dass 30 % der Menschen zwischen 50 und 65 Jahren bereits einer Risikogruppe zugeordnet werden müssen, also z. B. Diabetes, Asthma oder Herzerkrankungen haben. Stärker soll die Grippeimpfung auch bei medizinischen Berufsgruppen durchgesetzt werden, weil erwiesen ist, dass Kontaktpersonen dann seltener erkranken, selbst wenn diese nicht geimpft sind. Die Grippeimpfung kann auch allen Jüngeren empfohlen werden, die sich vor der Erkrankung schützen möchten. Die Deutsche Gesellschaft für Tropenmedizin und internationale Gesundheit e.V. (DTG) empfiehlt eine Grippeimpfung als Reiseimpfung vor Fernreisen. (LM)

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