Kleines Mineralstoff-Vademecum 4. Folge

NATUR+PHARMAZIE 12/2000

Magnesium - das Antistress-Mineral

In den ersten Folgen unseres Mineralstoff-Vademecums haben wir Ihnen Zink (Ausgabe 9/2000), Jod (10/2000) und Kalium (11/2000) vorgestellt. Im Fokus der heutigen Folge steht Magnesium. Kein anderes Mineral ist von so herausragender Bedeutung für so viele physiologische Prozesse im Metabolismus des Körpers wie Magnesium - ist es doch an einer sehr großen Zahl enzymatischer Reaktionen beteiligt. Viele davon sind essentiell auf die Anwesenheit von ausreichend Magnesium angewiesen. Das Metall zählt dabei wie Kalium zu den Mengenelementen, da es im Körper in einer Konzentration von über 50 mg/kg Körpertrockengewicht vorkommt.

Magnesium ist das vierthäufigste Kat-ion im menschlichen Organismus, intrazellulär sogar das zweithäufigste. Der Erwachsene verfügt über einen Magnesiumbestand von 25 bis 30 g, verteilt auf nahezu alle Zellen des Körpers. Etwa 2/3 sind in den Knochen gespeichert und können bei Bedarf freigesetzt werden, der Rest ist vorwiegend im Intrazellulärraum der Muskulatur eingelagert, nur etwa 1% im Plasma. Magnesium hat als Kofaktor eine Schrittmacher-/Aktivatorfunktion bei über 300 Enzymen und energiereichen Nukleotiden, z. B. für die neuromuskuläre Reizübertragung, im Rahmen des Aufbaus von Knochen und Zähnen und bei der körpereigenen Abwehr. Es stabilisiert die Zellmembran und wirkt damit in Richtung einer Reduktion der Erregbarkeit von Zellen: als "physiologischer Kalziumantagonist" reguliert es Stärke und Ablauf von Muskelkontraktionen. Magnesium beeinflusst die Ausschüttung von Adrenalin und höhere Dosen haben im zentralen Nervensystem dämpfende Wirkungen. Die (vornehmlich) empirischen Erfolge des Einsatzes von Magnesium als "Anti-Stress-Mineral" sind also auf mehrere Faktoren zurückzuführen: Stresshormone erhöhen die Ausscheidung von Magnesium über den Urin und können so einen Magnsiummangel induzieren. Dies erhöht wieder die Ausschüttung von Stresshormonen - ein Teufelskreis. Wo und wie Magnesium resorbiert wird, ist noch nicht vollständig geklärt. Das terminale Ileum scheint von besonderer Bedeutung, möglicherweise aber auch die oberen Dünndarmabschnitte. Die Absorptionsrate kann zwischen 25 % und 80 % schwanken, wobei neben der passiven Diffusion auch ein aktiver Transportmechanismus beteiligt zu sein scheint. Nicht resorbierte Anteile werden über den Stuhl ausgeschieden, resorbierte Anteile hauptsächlich über die Nieren, in geringem Maße auch über den Schweiß und den Darm. Die Regulation der Magnesiumkonzentration erfolgt durch die Hormone der Nebenschilddrüse. Im Vergleich zur täglichen Einmalgabe wird der Mineralstoff besser resorbiert, wenn die Tagesdosis auf mehrere Einzelgaben pro Tag verteilt wird. Organische Magnesiumsalze werden besser resorbiert als anorganische. Verbessert wird die Magnesiumresorption außerdem durch Vitamin D. Eine Hemmung der Magnesiumresorption wird durch Phosphor erreicht. Außerdem setzen Alkohol, fett-und eiweißreiche Kost sowie der Mangel an den Vitaminen B1 und B6 die Magnesiumresorption herab. Die Bioverfügbarkeit bei definierten Aufnahmemengen ist auch altersabhängig, weshalb gerade beim älteren Menschen die adäquate Versorgung mit Magesium schwierig sein kann. Eine evtl. Überdosierung ist bei normaler Nierenfunktion nicht mit toxischen Effekten verbunden, es kann lediglich zu Durchfällen kommen. Im Falle einer zu hohen oralen Gabe wird der Mineralstoff in reduziertem Maß aus dem Darm resorbiert und gleichzeitig vermehrt über die Niere ausgeschieden. Beim Gesunden steht meist ein erhöhter Verbrauch im Vordergrund, z.B. bei regelmäßiger, schweißtreibender sportlicher Aktivität oder körperlicher Arbeit. Weitere wichtige Ursachen für einen alimentären Magnesiummangel sind Schwangerschaft, Stress-Situationen (wegen der erhöhten Ausscheidung) und die Einnahme von Chemotherapeutika. Daneben können auch eine hochkalorische oder fettreiche Fehlernährung oder eine einseitige, z.B. eiweißreiche Diät für einen Magnesiummangel verantwortlich sein. Schließlich werden länger dauernde Resorptionsstörungen (z. B. im Rahmen eines Malabsorptionssyndroms), osmotische Diurese (häufiges Begleitphänomen des Diabetes mellitus) sowie allgemein ein schlecht eingestellter Diabetes mellitus angeführt, ebenso Erkrankungen der Schilddrüse und Nebenschilddrüse, die Einnahme von Laxanzien und Diuretika und chronischer Alkoholmissbrauch sowie evtl. ein Mangel an den Vitaminen D, B1 und B6. Aufgrund der physiologischen Zusammenhänge stützt sich die Diagnostik eines Magnesiummangels vor allem auf die klinische Symptomatik bzw. das anamnestische Abklären potentieller Ursachen eines möglichen Mangels. Unspezifische Symptome wie neurovegetativ-funktionelle Störungen, Müdigkeit, Konzentrationsschwäche, Irritierbarkeit, Migräne werden gerne übersehen oder anderen Ursachen zugeschrieben, obwohl nicht selten ein Magnesiummangel ursächlich beteiligt ist. Typische Symptome eines ausgeprägten Magnesiummangels sind Herzbeschwerden bis hin zu Herzrhythmusstörungen (Extrasystolen, Tachykardie), muskuläre Verkrampfungen wie Wadenkrämpfe und Spasmen der glatten Muskulatur (gastrointestinale Spasmen, Dysmenorrhöe) sowie Parästhesien (Kribbeln oder Taubheit in den Gliedmaßen). Auch bei pektanginösen Beschwerden wird ein Zusammenhang mit einem Magnesiummangel beobachtet. Nach Jahren der Ungewissheit im vergangenen Jahrzehnt scheint nunmehr festzustehen: die meisten Herzinfarktpatienten leiden unter Magnesiummangel. Schon für den Gesunden ist es nicht einfach, immer genug Magnesium aufzunehmen. Bekannt ist, dass durch die geologischen Rahmenbedingungen, aber auch durch die lange Ackerbautradition und durch den vermehrten Einsatz von Kunstdünger die Böden in Mitteleuropa tendenziell magnesiumarm sind. Die DGE empfiehlt eine tägliche Aufnahmemenge von 350 mg für Männer, 300 mg für Frauen, für Heranwachsende jeweils ca. 50 mg mehr, für Kinder entsprechend weniger (s.o.). Trotz einer gemischten Ernährung kann es, besonders bei Personen, die einen erhöhten Magnesiumverbrauch haben, zu einer Minderversorgung mit dem Mineralstoff kommen. Auf der sicheren Seite ist man bei Verwendung eines entsprechenden Supplementes. Für alle Darreichungsformen gilt: Magnesium wird am besten resorbiert, wenn die Tagesdosis auf mehrere Einnahmen (am besten drei) verteilt wird. Eine adäquate Versorgung mit Magnesium hat offensichtlich auch ein relevantes prophylaktisches Potential: eine neuere Studie des Nat. Institute of Health mit über 40.000 Teilnehmern zeigte, dass eine an Magnesium (sowie Kalium und Ballaststoffen) reiche Ernährung die Herzarbeit ökonomisiert und somit das Herzinfarktrisiko tatsächlich senken kann. (KLR)

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