Allergologie

NATUR+PHARMAZIE 1/2020

Ribes nigrum lindert allergische Symptome, Entzündungen und Infektanfälligkeit

Plagt Patienten alljährlich ihr Heuschnupfen, wünschen sich viele eine schnelle Linderung ihrer Beschwerden – ohne Chemie. Mazerate aus den Knospen der Schwarzen Johannisbeere, sogenannte Gemmopräparate, erfüllen diesen Patientenwunsch. Im Unterschied zu herkömmlichen Antiallergika wirken sie sogar leicht anregend.
Schon Hildegard von Bingen empfahl die Knospen der Schwarzen Johannisbeere (Ribes nigrum) für verschiedene Indikationen. Doch erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts entwickelte der belgische Arzt Dr. Pol Henry zusammen mit Kollegen ein geeignetes Auszugsverfahren für Knospen. Dieses wurde 2011 schließlich in das Europäische Arzneibuch aufgenommen (Vorschrift 2.1.3). Demnach werden die frischen Trieb- und Wurzelspitzen, Knospen, Sprossen, Kätzchen oder Schösslinge über einen Zeitraum von mindestens drei Wochen in einer Alkohol-Glycerin- Lösung mazeriert, um die Inhaltsstoffe schonend zu extrahieren. Durch den Zusatz von Glycerin verbessert sich die Löslichkeit einiger spezifischer Inhaltsstoffe im Vergleich zu einem herkömmlichen, wässrig-alkoholischen Auszugsmittel (1-5).
 
Wertvolle Inhaltsstoffe
In den verwendeten jungen Pflanzenteilen befinden sich mit den Meristemen noch undifferenzierte Zellen. Ihr komplettes Genom ist für die anstehende Zellteilung kurz vor dem Austreiben oder Aufblühen aktiv. Dementsprechend werden viele Proteine bereitgestellt. Aus den Knospen von Ribes nigrum werden vor allem Aminosäuren wie Arginin, Prolin, Glycin und Alanin gewonnen. Darüber enthalten sie neben spezifischen Oligosacchariden und Phytohormonen wie der Abscisinsäure mit Auxinen, Gibberellinen und Cytokininen Wachstumsfaktoren, die von den später ausgebildeten Pflanzenteilen nicht mehr in gleichem Umfang benötigt werden. Ferner sind ätherische Öle, Flavonoide, Polyphenole, ungesättigte Fettsäuren wie die α-Linolensäure, Gerbstoffe und eine Vielzahl an Vitaminen und Mineralstoffen nachweisbar. Daher wirken Mazerate der Schwarzen Johannisbeere unter anderem antiinflammatorisch, antiallergisch und antiviral (1-5).
 
Knospenmazerat
Die antiinflammatorische und antiallergische Wirkung des Knospenmazerats wird auf eine Stimulation der Cortisolfreisetzung in der Nebennierenrinde zurückgeführt. Auf diese Weise hemmt Ribes nigrum die Freisetzung von Entzündungsmediatoren wie TNFα, Interleukin 1 (IL-1) oder Interferon γ (INFγ). Gleichzeitig wird die Histaminausschüttung unterdrückt. So wird die überschießende Reaktion des Immunsystems auf Allergene gedrosselt, sodass typische Beschwerden wie Fließschnupfen mit Niesattacken, Juckreiz, brennende, gerötete Augen oder Atemnot gelindert werden.
Aufgrund des Wirkungsmechanismus können ebenso Patienten mit entzündlichen Erkrankungen im Bewegungsapparat oder Menschen in Stresssituationen von dem Knospenauszug profitieren (1–3).
 
Anwendungen
Zu den möglichen Anwendungsgebieten eines Gemmopräparats der Schwarzen Johannisbeere gehören unter anderem (1–3):
• allergische Reaktionen wie Heuschnupfen, allergische Rhinitis, allergische Ekzeme sowie allergisches Asthma,
• virale Infekte der Atemwege mit Rhinitis, Laryngitis oder Pharyngitis,
• Infektanfälligkeit,
• Erschöpfung, chronische Müdigkeit und Rekonvaleszenz,
• Beschwerden im Bewegungsapparat wie Tendinitis, rheumatische Arthritis, Arthrose oder Fibromyalgie,
• Hypertonie,
• Erkrankungen der Gefäße mit Ödemen.
 
Gemeinsam stark: Ribes nigrum und seine Mitstreiter
Gelingt es mit Ribes nigrum allein nicht ausreichend, die Beschwerden des Heuschnupfens zu lindern, können zusätzlich die Knospenauszüge der Weißtanne (Abies alba), der Hainbuche (Carpinus betulus) oder der Rotbuche (Fagus sylvatica) verabreicht werden. Bei allergischem Asthma können sich dagegen aus einer Kombination mit Mazeraten der Knospen der Kastanie (Aesculus hippocastanum) oder des roten Weinlaubs (Vitis vinifera) Synergieeffekte ergeben. Darüber hinaus wirkt ägyptisches Schwarzkümmelöl (Nigellae sativae oleum) aufgrund seines Gehalts an ätherischen und fetten Ölen bronchospasmolytisch und antiallergisch. Es kann daher insbesondere bei allergischem Asthma als Begleittherapie zum Einsatz kommen. Zusätzlich kann die Untersuchung einer Stuhlprobe sinnvoll sein, damit auf Grundlage der der Analysenergebnisse eine Sanierung der Darmflora erfolgen kann (1, 2, 6, 7).
Zusätzlich sollten Allergiker regelmäßig die Blütenpollen aus ihrem Gesicht und ihren Haaren waschen sowie mehrmals täglich die Naseneingänge ausspülen, indem sie Leitungswasser oder Kochsalzlösung wiederholt aus den Händen ansaugen und wieder herauspusten. Im Freien schützt eine Sonnenbrille die Augen sowohl vor Sonnenlicht als auch vor Pollen. Damit Blütenpollen nicht an Bettwäsche und Kleidungsstücke haften bleiben, sollte die Wäsche nicht im Freien trocknen (6).
Im Falle einer Erkältung profitieren die Betroffenen von einer gemeinsamen Anwendung mit dem Gemmoextrakt der Heckenrose (Rosa canina). Diese Kombination kann auch in der Rekonvaleszenz und bei Infektanfälligkeit empfohlen werden. Zusätzlich sollten eine Vitamin- C-reiche Ernährung oder ein Direktsaft der Holunderbeere empfohlen werden (1, 2).
 
Einfache Anwendung – nur nicht am Abend
Die Zubereitungen der Knospen der Schwarzen Johannisbeere sind in Form von Tropfen oder Sprays im Handel verfügbar, wobei Sprays die ideale Darreichungsform für unterwegs sind und sogar von Kindern akzeptiert werden. Da das Mazerat von manchen Herstellern 1 : 10 verdünnt und als D1-Zubereitung vertrieben wird, während andere unverdünnte Muttermazerate anbieten, sollten bei der Dosierung der Gemmopräparate immer die Herstellerangaben berücksichtigt werden. Bei akuten Beschwerden können die Präparate bei Bedarf vorübergehend alle 15 Minuten angewendet werden, solange bis die Beschwerden abklingen. Dann kann die Frequenz der Anwendungen verlängert werden.
Bei chronischen Beschwerden empfiehlt sich dagegen eine zweimalige Applikation. Aufgrund der Stimulation der Cortisolfreisetzung durch Ribes nigrum sollten anfällige Patienten jedoch auf eine Anwendung am Abend verzichten, da sie sonst möglicherweise schlechter schlafen. Äußerlich können die Präparat jederzeit auf Insektenstiche aufgetragen werden.
Kommentar
Allerdings sind sich viele Apothekenkunden oftmals gar nicht so sicher, ob ihre Beschwerden allergisch bedingt sind oder Zeichen eines Infekts. Dann ist ein Gemmopräparat der Schwarzen Johannisbeere immer eine gute Wahl, da es beide Indikationen abdeckt.
Quelle: Autorin: Sabine Ritter, Apothekerin und Heilpraktikerin Literatur bei der Autorin www.ritter-tcm.de

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