Diabetes Typ 2

Naturmedizin 2/2020

Risiko Arbeitsplatz?

Eine aktuelle Studie aus Schweden untersuchte erstmals den unmittelbaren Zusammenhang zwischen Berufsbildern und Diabetes-Erkrankungen. Dabei fanden sie heraus, dass Männer und Frauen aus den Bereichen Berufskraftfahrt, Fabrikarbeit und Reinigungstätigkeit das höchste Risiko für einen Diabetes mellitus Typ 2 (DMT2) haben. Mithilfe dieser Erkenntnisse können Risikogruppen rechtzeitig identifiziert und gezielte berufsmedizinische Präventionsmaßnahmen eingeleitet werden, um dem Diabetes samt seiner Neben- und Folgeerkrankungen entgegenzuwirken.
In Deutschland sind derzeit über zwei Millionen Menschen mit Diabetes erwerbstätig. In wenigen Jahren werden bis zu drei Millionen Betroffene in verschiedensten Berufsfeldern beschäftigt sein. Die meisten von ihnen haben einen Typ 2. „Es ist deshalb betriebs- und volkswirtschaftlich unumgänglich, bei möglichst vielen Menschen mit Diabetes die Arbeitsfähigkeit zu erhalten oder sie wieder in die betrieblichen Abläufe einzugliedern“, betont Dr. med. Wolfgang Wagener von der Deutschen Rentenversicherung Rheinland und Vorsitzender des DDG Ausschusses Soziales. „Die Autoren der Studie zeigen uns konkret, in welchem beruflichen Umfeld wir Risikogruppen suchen müssen.“
 
Daten von 4,5 Millionen
Menschen Der Kohortenstudie lagen die Daten von rund 4,5 Millionen Schweden zugrunde, die aus dem nationalen Patientenregister in Schweden stammen. Mit einbezogen wurden alle zwischen 1937 und 1979 geborenen Einwohner Schwedens, die in den Jahren von 2001 bis 2013 berufstätig waren und zwischen 2006 und 2015 eine Diabetes-Diagnose erhalten haben. Ziel war es, Berufe mit einem erhöhten Diabetes- Risiko zu ermitteln. Das Ergebnis: 4,2 % aller Schweden hatten 2013 einen Diabetes mellitus. Männer waren häufiger erkrankt als Frauen, darunter insbesondere Berufskraftfahrer und Fabrikarbeiter: Über 7 % hatten einen Diabetes Typ 2. Bei Informatikern lagen mit 2,5 % hingegen die wenigsten Erkrankungen vor.
 
Frauen
Bei Frauen zeichnete sich ein ähnliches Bild ab: Überdurchschnittlich viele stoffwechselerkrankte Frauen arbeiteten in Fabriken, als Reinigungskraft oder als Küchenassistentinnen. Im mittleren und gehobeneren Management tätige Frauen wiesen mit 1,2 % die geringste Erkrankungsrate auf. Weiterhin zeigt die Untersuchung, dass das Diabetes-Risiko mit dem Alter erheblich ansteigt: So hat fast jeder sechste über 55-jährige Berufskraftfahrer und jede zehnte Fabrikarbeiterin dieser Altersgruppe einen Diabetes.
 
Soziale Zusammenhänge
„Bekannt war bisher, dass es einen sozioökonomischen Zusammenhang bei Diabetes-Erkrankungen gibt: Menschen mit einem geringen Bildungsniveau, schlechter Bezahlung und einem einfachen Beruf haben ein um 30 bis 40 % erhöhtes Risiko für einen Typ-2-Diabetes“, erklärt DDG-Experte Dr. med. Kurt Rinnert, leitender Betriebsarzt bei der Stadt Köln. Die aktuelle Studie rückt darüber hinaus nun erstmals konkrete Berufsbilder in den Fokus, identifiziert sie als potenziellen Risikofaktor und sensibilisiert Betriebsärzte für unmittelbare Maßnahmen an den jeweiligen Arbeitsplätzen. „Arbeit ist das halbe Leben, wie der Volksmund sagt. Der Arbeitsplatz sollte daher so gestaltet sein, dass die Erkrankungswahrscheinlichkeit dort so gering wie möglich ausfällt“, so der Herausgeber der DDG-Berufsempfehlung Diabetes und Arbeit.
Zu den Risikofaktoren für einen Diabetes Typ 2 gehören Übergewicht, Mangel an Bewegung, erhöhte Blutfettwerte und Bluthochdruck. „Berufskraftfahrer sind durch die mit ihrer Arbeit einhergehende mangelnde Bewegung und das häufig einseitige, ungesunde Essen offensichtlich besonders gefährdet, an einem Diabetes zu erkranken. Zudem ist bekanntermaßen Schichtarbeit, die in Fabriken gehäuft vorkommt, ebenfalls ein Risikofaktor“, erklärt Rinnert.
 
Forderung der DDG
Die DDG fordert anlässlich der Studie, mehr Diabetes-Präventionsprogramme bei Arbeitgebern zu implementieren. Beispielsweise sollten Berufskraftfahrer präventive und therapeutische Maßnahmen wie ausreichend Bewegung und gesunde Ernährung in ihren Tagesablauf einbauen können und Schichtarbeiter weniger wechselnde Schichten erhalten. „Um Betroffenen mehr Lebensqualität, aber auch ein langes Berufsleben zu ermöglichen, muss die Arbeitsmedizin die Vermeidung von Neben- und Folgeerkrankungen, die zu frühzeitiger Berentung führen könnten, deutlicher in den Fokus nehmen“, so DDG-Präsidentin Prof. Dr. med. Monika Kellerer.
Quelle: Carlsson S et al.: Incidence and prevalence of type 2 diabetes by occupation: results from all swedish employees. 2020 Diabetologia 63: 95–103

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