Familiäre Vorbelastung

Naturmedizin 1/2020

Risikoangepasste Brustkrebsvorsorge

Wann mit der Brustkrebsvorsorge starten? Für Frauen, deren Verwandte schon von einem Mammakarzinom betroffen waren, gibt es jetzt neue Erkenntnisse. Daten von über fünf Millionen schwedischen Frauen wurden dafür von Forscherinnen und Forschern des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) und des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg ausgewertet.
Weltweit gehen 15 % aller Krebstodesfälle von Frauen auf Mammakarzinome zurück. Mit einem Viertel aller neuen Krebsfälle ist Brustkrebs die häufigste Krebserkrankung bei Frauen weltweit. In Europa konnte in den letzten beiden Jahrzehnten, teilweise durch die Screening-Programme, ein Rückgang der Brustkrebsmortalität erreicht werden. Die Programme sind jedoch größtenteils einheitlich und empfehlen Frauen zwischen 50 und 69 Jahren eine Mammografieuntersuchung im Abstand von zwei Jahren. Daneben gilt für Frauen mit genetischen Risikofaktoren, wie z. B. BRCA1-, BRCA2- oder PALB2-Mutationen, die Leitlinie für Hochrisikopatientinnen.
 
Hohe Variation
Sind genetische Mutationen nicht nachweisbar oder bekannt, so haben doch Frauen, deren Verwandte an Brustkrebs erkrankt sind, ein erhöhtes Risiko, selbst zu erkranken. Das Risiko bei Vorliegen einer familiären Vorbelastung variiert dabei erheblich je nach Alter der Einzelnen, Anzahl der betroffenen Angehörigen und dem Alter, in dem die Verwandte erkrankt ist. Um dieses Risiko abzuschätzen, fehlten bislang valide Daten. Die Forscher haben in Kooperation mit Kollegen der Universität Lund die Daten von in Schweden lebenden Frauen ausgewertet, die nach 1931 geboren wurden. Während des Studienzeitraums 1958 bis 2015, waren insgesamt 118.953 Frauen von Mammakarzinomen betroffen. 13,6 % (16.202) hatten zum Zeitpunkt der Diagnose Angehörige, die auch an Brustkrebs erkrankt waren. Sie errechneten ein risikoadaptiertes Anfangsalter für einen sinnvolle Früherkennung für diese Frauen. Es zeigte sich, dass der Grad der Verwandtschaft, das eigene Alter und das Erkrankungsalter der Verwandten Auswirkungen auf den möglichen Beginn der Erkrankung hat.
 
Erster Grad, zweiter Grad?
Die Ergebnisse der Studie geben Ärzten und Verwandten von Brustkrebspatientinnen eine Orientierungshilfe, wann sie mit der Brustkrebsfrüherkennung beginnen sollten. Denn die Daten zeigen deutlich: Für eine Frau, die eine Verwandte ersten Grades mit Brustkrebs hat oder hatte, kann das erste Screening mit 50 Jahren deutlich zu spät sein. Sie sollten im Alter von 27 bis 36 Jahren schon ihre erste Vorsorge erhalten. Je jünger das Erkrankungsalter der Verwandten, desto früher gilt es, das Screening anzusetzen. Dieses sollte jedoch nicht in Form einer Mammographie, sondern bevorzugt durch Ultraschall, digitale Brusttomosynthese (3D-Mammographie) oder Magnetresonanztomographie geschehen. Jüngere Frauen haben ein dichteres Brustgewebe als ältere und ein erhöhtes Risiko, durch eine Mammographie Schaden zu erleiden.
 
Relevanz
Die Autoren sehen ihre Ergebnisse als Ergänzung zu den bestehenden Empfehlungen, betonen aber die Relevanz der individuellen Risikoeinschätzung. Denn Mammakarzinome jüngerer Frauen sind häufig aggressiv und mit einer höheren Mortalitätsrate verbunden.
Quelle: Mukama T et al.: Risk-adapted starting age of screening for relatives of patients with breast cancer. JAMA Oncol. 2019; doi: 10.1001/jamaoncol. 2019.3876 über idw-online.de

Alle im Rahmen dieses Internet-Angebots veröffentlichten Artikel sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch Übersetzungen und Zweitveröffentlichungen, vorbehalten. Jegliche Vervielfältigung, Verlinkung oder Weiterverbreitung in jedem Medium als Ganzes oder in Teilen bedarf der schriftlichen Zustimmung des Verlags.

x