Pandemie und Psyche

NATUR+PHARMAZIE 3/2022

Über 25 % mehr Depression und Angst

Die globale COVID-19-Pandemie hat die Belastung durch psychische Probleme, allen voran Angststörungen und Depression, drastisch verschärft. Vor allem Frauen und jüngere Personen leiden unter den eingeschränkten Lebensbedingungen. Die Zahlen, die ein Review dazu allein für das Jahr 2020 präsentiert, sind erschreckend.
Soziale Restriktionen, der Lockdown, Schließungen von Schulen und Arbeitsstellen, finanzielle Einbrüche – all diese Faktoren können zulasten der psychischen Gesundheit gehen. Das spiegelt sich auch in der Ergebnisanalyse der 48 in das Review eingeflossenen Arbeiten wider: Je höher die Rate an SARS-CoV-2-Infektionen und je drastischer die Mobilitätseinschränkungen durch entsprechende Gegenmaßnahmen waren, desto mehr schossen die Prävalenzraten von Depression und Angststörungen in die Höhe.
Frauen waren von der Belastungssituation dabei stärker betroffen als Männer, vermutlich weil sie u. a. stärker als Männer von der zusätzlichen Kinder- oder Krankenbetreuung belastet wurden, durch die allgemeine finanzielle Benachteiligung wirtschaftlich stärker belastet waren und Hauptleidtragende der angestiegenen häuslichen Gewalt wurden.
 
Frauen und junge Menschen im Nachteil
Die Analyse ergab außerdem, dass die jüngeren Personen häufiger von Depressionen und Angststörungen betroffen waren als ältere, wahrscheinlich begründet durch ihren größeren Bedarf an sozialen Interaktionen und der ungleich erhöhten Rate von Arbeitsplatzverlusten im jüngeren Altersspektrum. Bei Frauen und Jüngeren wurde auch in einzelnen Studien von erhöhten Selbstmordraten in der Pandemiezeit berichtet.
Insgesamt wurde die globale Zahl zusätzlicher Diagnosen schwerer Depressionen im Rahmen der Pandemie auf 53,2 Millionen Fälle geschätzt, was einem Anstieg um 27,6 % bzw. 3.152,9 Fällen pro 100.000 Personen entspricht. Die zusätzliche Zahl an diagnostizierten Angststörungen in dieser Zeit wurde auf 76,2 Millionen beziffert, gleichbedeutend mit einem Anstieg um 25,6 % bzw. 4.802,2 Fällen pro 100.000 Personen.
Vor allem dann, wenn die Infektionszahlen steigen und die gesetzlichen Schutzmaßnahmen zunehmend zu Isolierung und Einschränkungen der Mobilität führen, ist es daher wichtig, den Fokus auf die psychische Gesundheit der Patienten und Patientinnen zu richten. OB
Quelle: COVID-19 Mental Disorders Collaborators: Global prevalence and burden of depressive and anxiety disorders in 204 countries and territories in 2020 due to the COVID-19 pandemic. Lancet 2021; 398(10312): 1700-12

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