Arzt schreibt Vitamin D auf

Deutsches Krebsforschungszentrum

NATUR+PHARMAZIE 3/2021

Verringerung der Sterberate bei Krebs durch Vitamin-D-Supplementierung?

Gleich 3 Metaanalysen klinischer Studien kamen in den letzten Jahren zu dem Ergebnis, dass eine Vitamin D-Supplementierung mit einer Verringerung der Sterberate an Krebs um etwa 13 % einherging. Diese Ergebnisse übertrugen Wissenschaftler:innen im Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) nun auf die Situation in Deutschland und errechneten: Bei einer Vitamin D-Supplementierung aller Deutschen über 50 Jahre könnten möglicherweise bis zu 30.000 Krebstodesfälle pro Jahr vermieden und mehr als 300.000 Lebensjahre gewonnen werden – bei gleichzeitiger Kostenersparnis.
Im Fokus der Forschung zur ausreichenden Versorgung mit Vitamin D stehen besonders entzündliche Erkrankungen, Atemwegserkrankungen, Diabetes und Krebs. 3 Metaanalysen, welche ausschließlich methodisch hochwertige randomisierte Studien aus allen Teilen der Welt einbezogen, wurden in den vergangengen Jahren veröffentlicht und kamen zu dem übereinstimmenden Ergebnis: Um rund 13 % sinkt bei einer Vitamin D-Supplementierung die Krebssterblichkeit – über alle Krebserkrankungen hinweg. Welche biologischen Mechanismen dem zugrundeliegen könnten, ist noch nicht genau geklärt.
„In vielen Ländern der Welt ist im letzten Jahrzehnt die altersbereinigte Rate der Krebssterblichkeit erfreulicherweise gesunken“, sagt Hermann Brenner, Epidemiologe vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ). „Doch angesichts der oftmals erheblichen Kosten vieler neuer Krebsmedikamente ist dieser Erfolg vielfach teuer erkauft. Vitamin D dagegen ist in den üblichen Tagesdosen vergleichsweise günstig.“
Ein Vitamin-D-Mangel ist in der älteren Bevölkerung und insbesondere bei Krebspatient:innen weit verbreitet.
Die Anzahl der verlorenen Lebensjahre zum Zeitpunkt des Krebstods ermittelten die Forscher:innen anhand der Sterbetafeln des Statistischen Bundesamtes. Kosten und Aufwand einer routinemäßigen Bestimmung des Vitamin D-Spiegels hält Brenner für verzichtbar, da bei einer Supplementierung von 1.000 internationalen Einheiten (IE) eine Überdosierung nicht zu befürchten sei. Eine solche vorherige Bestimmung war auch in den klinischen Studien nicht vorgenommen worden.
Brenner und Kolleg:innen errechneten auch, welche Kosten durch eine Vitamin D-Supplementierung der gesamten Bevölkerung Deutschlands ab einem Alter von 50 Jahren entstehen würden. Dieser Summe stellten sie die möglichen Einsparungen für Krebstherapien gegenüber, die insbesondere bei fortgeschrittenen Krebserkrankungen während der letzten Lebensmonate der Patienten oft mit Kosten im Bereich von mehreren 10.000 Euro verbunden sind.
Für diese Berechnung legten die Wissenschaftler: innen eine tägliche Gabe von 1.000 internationalen Einheiten Vitamin D zu einem Preis von 25 Euro pro Person und Jahr zugrunde. Im Jahr 2016 lebten in Deutschland ca. 36 Millionen Menschen über 50 Jahre, daraus errechnen sich jährliche Kosten für die Supplementierung von 900 Millionen Euro.
Die Kosten für eine Krebsbehandlung entnahmen die Forscher:innen der wissenschaftlichen Literatur und gingen dabei von mittleren zusätzlichen Behandlungskosten von 40.000 € allein für das letzte Lebensjahr der an Krebs verstorbenen Patient:innen aus. Eine um 13 % verringerte Krebssterblichkeit in Deutschland entsprach im Jahr ca. 30.000 weniger krebsbedingten Todesfällen, deren Behandlungskosten sich in der Modellrechnung auf 1.154 Milliarden Euro beliefen. Verglichen mit den Kosten für die Vitamin-Supplementierung errechnet sich in diesem Modell eine Einsparung von jährlich 254 Millionen Euro.
„Angesichts der möglicherweise erheblichen positiven Effekte auf die Krebssterblichkeit sollten wir nach neuen Wegen suchen, die in Deutschland in der älteren Bevölkerung weit verbreitete Vitamin D-Unterversorgung zu verringern [...] schließlich halten wir Vitamin D-Supplementierung für so sicher, dass wir sie sogar für neugeborene Babys zur Entwicklung gesunder Knochen empfehlen“, so die Einschätzung der Wissenschaftler vom DKFZ.
Quelle: Niedermaier T et al.: Potential for cost-saving ... Molecular Oncology 2020, DOI: 10.1002/1878-0261.12924
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