Pflegende Angehörige

NATUR+PHARMAZIE 11/2010

Werden Ehepartner häufiger selbst dement?

Dass die pflegenden Angehörigen von Demenzkranken unter den Belastungen der Pflege leiden, oft selbst psychisch erkranken und früher sterben, ist eine bekannte Tatsache. Nun wurde anhand epidemiologischer US-Daten untersucht, ob sie auch häufiger selbst eine Demenz entwickeln.

Zur Klärung dieser Frage wurden die Daten der großen bevölkerungsbasierten Cache County Study on Memory Health and Aging herangezogen, die 1995 im nördlichen Utah begonnen worden war. Eine neu auftretende Demenz, definiert als die Erfüllung der Kriterien des DSM-III-R, wurde bei 2442 initial demenzfreien Personen im Alter von mindestens 65 Jahren (1221 verheiratete Paare) untersucht. Mittels Cox Proportional Hazards-Modellen wurde – bereinigt auf mögliche Einflussfaktoren – die zeitabhängige Exposition der Angehörigen im Hinblick auf das Demenzrisiko geprüft.

Über maximal 12,6, median 3,3 Jahre der Nachbeobachtung wurde eine neu auftretende Demenz bei 255 Personen dokumentiert. Betroffen waren in 125 Fällen die Männer, in 70 die Frauen und in 60 Fällen beide Ehepartner. Risikofaktoren dafür waren höheres Alter, mindestes ein APOEe4-Allel (vs. kein e4-Allel) und – konform mit der Studienhypothese – eine Demenz des Ehepartners. Dabei war das Risiko eines Angehörigen, dessen Partner im Beobachtungszeitraum eine Demenz entwickelte, selbst an einer Demenz zu erkranken, nach Adjustierung auf Alter, Geschlecht, sozioökonomischer Status und APOE-Genotyp um das Sechsfache erhöht: Gegenüber den Personen mit demenzfreien Partnern betrug die entsprechende Verhältnisrate (Hazard Rate Ratio, HRR) genau 6,0 (95% Konfidenzintervall: 2,2-16,2; p < 0,001). Die weitergehende geschlechtsbezogene Auswertung zeigte, dass die Ehemänner mit einer HRR von 11,9 (p = 0,01) deutlich stärker demenzgefährdet waren als die Ehefrauen, deren Partner eine Demenz neu entwickelten (HRR: 3,7; p = 0,03). JL

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Praxisfazit
?! Die Pflege demenzkranker Ehepartner geht mit einer andauernden, oft schweren Stressbelastung einher. Offenbar kann diese das Risiko für eine eigene Demenz dramatisch erhöhen: Unabhängig von bekannten Risikofaktoren war die Demenzgefahr der Frauen um mehr als das Dreifache, das der Männer sogar um knapp das Zwölffache erhöht. Diese Zahlen sprechen dafür, die Angehörigen in viel stärkerem als bisher praktiziertem Maße zu betreuen bzw. entsprechende Präventionsstrategien zu entwickeln. Insbesondere die Teilnahme an Selbsthilfegruppen und eine unterstützende Betreuung durch geschulte Kräfte bieten sich als erste Maßnahmen an.

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