Präventionsmaßnahmen

NATUR+PHARMAZIE 3/2005

Wie man Allergien vorbeugt

Allergien sind ein stetig zunehmendes gesundheitliches Problem. Evidenz-basierte Empfehlungen zur Prävention gab es bislang nicht. Deshalb wurde jetzt im Rahmen des Aktionsbündnisses Allergieprävention (abap) eine Evidenz-basierte Leitlinie zur Primär- und Sekundärvorbeugung entwickelt; die Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie stellte die konsentierten Empfehlungen kürzlich vor.

Nach systematischer Recherche wurden die Empfehlungen aus 322 Studien formuliert. Die Primärprävention bedeutet einerseits Beseitigung bzw. Verminderung der Ursachen, die für die Allergieentstehung von Bedeutung sind, andererseits auch die Toleranzerhöhung des Individuums. Sie richtet sich vorwiegend an genetisch vorbelastete Risikogruppen, in eingeschränkter Form aber auch an die Gesamtbevölkerung. Die Sekundärprävention zielt auf Personen mit frühen Krankheitszeichen, etwa eine nasale Hyperreagibilität, und sensibilisierte, aber noch symptomlose Individuen ab. Sie soll die Manifestation der Krankheit bzw. einen Symptomenwechsel verhindern. Maßnahmen der Sekundärprävention sind das Vermeiden klinisch relevanter Allergene, Beratungen und spezifische Immuntherapien. Zur Prävention atopischer Krankheiten wird ausschließliches Stillen über mindestens vier Monate empfohlen. Für diätetische Restriktionen während der Schwangerschaft gibt es keine gesicherten Belege. Auch für die Einhaltung einer speziellen mütterlichen Diät während der Stillzeit sind in Familien ohne Allergiebelastung keine wissenschaftlichen Beweise vorhanden. Bei Kindern mit erhöhtem genetischem Risiko kann durch Vermeiden potenter Nahrungsmittel-Allergene in der mütterlichen Nahrung der Entstehung einer atopischen Dermatitis vorgebeugt werden; solche Allergene sind v.a. Kuhmilch und Kuhmilchprodukte, Eier und Fisch. Der mögliche Nutzen einer solchen Nahrungsmittelres-triktion während der Schwangerschaft und Stillzeit muss dabei gegen die Gefahr eines Mangels an bestimmten Nährstoffen, Vitaminen und Spurenelementen abgewogen werden. Darüber hinaus lassen sich aus den Studien keine Empfehlungen ableiten, die eine Elimination potenter Nahrungs-mittelallergene aus der Ernährung von Mutter und Kind in den ersten Lebensjahren des Kindes befürworten würden, um so der Entstehung atopischer Leiden entgegenzuwirken. Hypoallergene Säuglingsnahrung kann für Risikokinder empfohlen werden, wenn Stillen nicht möglich ist. In einzelnen Studien zeigte sich die extensiv hydrolysierte Säuglingsnahrung auf Kaseinbasis gegenüber partiell hydrolysierter Nahrung als überlegen, was die Allergieprävention betrifft. Die frühe Gabe von Beikost, also Zufütterung vor dem vollendeten vierten Lebensmonat, stellt einen Risikofaktor für Atopien dar. Die untersuchten Studien stützen die derzeit in Deutschland existierende Empfehlung, Beikost erst nach dem vierten Monat einzuführen. Eine allgemeine Diät zur Allergieprävention wird darüber hinaus nicht angeraten. Für Familien mit Kindern ohne besonderes Allergierisiko besteht nach der gegenwärtigen Datenlage kein Anlass dafür, aus Vorbeugungsgründen auf die Haltung von Haustieren zu verzichten. Für Risikopersonen ist die Anschaffung von Felltieren als Präventionsmaßnahme nicht zu empfehlen. Eine frühe Hundehaltung scheint nicht mit höherer Allergiegefährdung verbunden zu sein. Was dagegen die Haltung von Katzen betrifft, so überwiegen die Studien, die darin einen Risikofaktor sehen. Deshalb ist Familien mit genetischer Belastung von einer Katze im Haushalt abzuraten. Dies gilt auch für die Haltung von Nagetieren wie Hamster, Meerschweinchen oder Kaninchen. Für gefährdete Personen kann man das Allergierisiko senken, wenn man die Exposition gegenüber Hausstaubmilben-Allergenen verringert. Eine wirksame sekundärpräventive Maßnahme ist das Encasing der Matratze. Vermeiden sollte man auch ein Innenraumklima, das das Wachstum von Schimmelpilzen fördert (hohe Luftfeuchtigkeit bei schlechter Durchlüftung). Da sowohl aktive als auch passive Exposition gegenüber Tabakrauch das Allergierisiko erhöht, ist Nichtrauchen hier oberstes Gebot. Das gilt auch für die gesamte Dauer der Schwangerschaft. Kfz-Emissionen, insbesondere Dieselruß, erhöhen das Allergierisiko deutlich. Auch Schadstoffe in der Innenraumluft, wie offene Gasverbrennung, tragen zu einer solchen Gefährdung bei. Impfungen sind für Kinder sehr wichtig; deshalb sollten alle, auch Allergiegefährdete, nach den STIKO-Empfehlungen immunisiert werden. Offensichtlich kann eine frühzeitige unspezifische Immunstimulation vor allergischen Krankheiten schützen; dazu zählen Wohnen in ländlicher Umgebung, Besuch einer Kindertagesstätte bereits in den ersten beiden Lebensjahren und das Aufwachsen mit mehreren Geschwistern. Es gibt erste Hinweise darauf, dass Lactobacillus GG präventive Eigenschaften bezüglich Allergien besitzt. Dies muss in weiteren Studien aber noch erhärtet werden. Bei Patienten mit allergischer Rhinitis kann eine Hyposensibilisierung die Entwicklung von Asthma in vielen Fällen verhindern. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Einnahme von Antibiotika und der Entstehung von Allergien konnte bislang nicht nachgewiesen werden. Dagegen scheint ein erhöhter Body Mass Index mit Asthma assoziiert zu sein. (EH)

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