Kurzsichtigkeit

NATUR+PHARMAZIE 1/2021

Kinderaugen brauchen mehr Licht!

Sonnenlicht ist ein traditionelles naturheilkundliches Heilmittel. Bei immer mehr Gesundheitsproblemen wird klar, dass zu wenig davon schadet. Die Stiftung Kindergesundheit hebt hervor, dass ein Mangel Tageslicht mitverantwortlich für Entstehung und Fortschreiten der Kurzsichtigkeit sein kann. Welche Faktoren spielen bei der Entstehung der Kurzsichtigkeit genau eine Rolle und wie kann gegengesteuert werden?
Das Tragen einer Brille gehört zum Alltag vieler Kinder in Deutschland. Die Mehrzahl von ihnen benötigt die Sehhilfe wegen einer Kurzsichtigkeit, berichtet die Stiftung Kindergesundheit in einer Stellungnahme. „Bei der Geburt sind Kinderaugen in der Regel weitsichtig“, berichtet Kinder- und Jugendarzt Professor Dr. Berthold Koletzko, Vorsitzender der Stiftung Kindergesundheit. „Das ändert sich dann im Laufe des Größenwachstums des Augapfels. Dieses Wachstum endet bei der sogenannten Normalsichtigkeit um das 6. bis 9. Lebensjahr. Wächst das Auge aber weiter in die Länge, kommt es zur Kurzsichtigkeit, fachlich Myopie genannt“.
 
Täglich hinaus ins Freie!
Eine besondere Rolle bei der Entstehung und Fortschreiten der Kurzsichtigkeit spielt das Tageslicht, hebt die Stiftung Kindergesundheit hervor. Eine Reihe von Untersuchungen belegt, dass Kinder umso seltener kurzsichtig werden, je mehr sie im Freien spielen. Beim längerem Aufenthalt an der frischen Luft schaut das Auge meist in die Ferne und nicht auf Objekte in der Nähe.
Eine Metaanalyse bisheriger Studien ergab, dass schon 2 Stunden tägliche Aktivitäten bei Tageslicht das Auftreten der Kurzsichtigkeit halbieren. 40 Minuten zusätzlicher Aufenthalt im Freien minderten die Zunahme der Kurzsichtigkeit um etwa 20 %.
Dabei spielt weniger die Intensität der Sonnenstrahlung eine Rolle als die Dauer des Aufenthalts unter freiem Himmel, betonen augenärztliche Experten. Schon relativ geringe Intensitäten des Lichts um 1000 Lux und darüber, die etwa der Umgebungshelligkeit unter Bäumen entsprechen, zeigen einen Effekt. Auch der Anteil der ultravioletten Strahlen scheint keine besondere Bedeutung zu haben.
Aufgrund dieser Erkenntnisse haben die Erziehungsbehörden des chinesischen Inselstaates Taiwan bereits vor 10 Jahren besondere Regeln für Schulkinder eingeführt. Eine der dortigen Richtlinien lautet „Tien Tien 120“ und empfiehlt jeden Tag 2 Stunden Aufenthalt im Freien. Die zweite sogenannte „30-10-Regel“ besagt, dass das Lesen alle 30 Minuten für 10 Minuten unterbrochen werden sollte. Das Befolgen dieser 2 einfachen Regeln konnte die Häufigkeit der Kurzsichtigkeit bei taiwanesischen Kindern tatsächlich nachweislich verringern.
Für eine weitere Studie in Taiwan wurden 693 Erstklässler rekrutiert. 267 von ihnen sollten sich ein Jahr lang mindestens 11 Stunden pro Woche im Freien aufhalten. Die restlichen Kinder behielten ihre Lebensgewohnheiten bei. Das Ergebnis nach einem Jahr: Die Kinder der Frischluft- Gruppe benötigten schwächere Brillen als die Kinder der Kontrollgruppe und hatten ein um 54 % niedrigeres Risiko für eine rasch fortschreitende Kurzsichtigkeit.
Der Einfluss von Lichtmangel auf die Entstehung von Kurzsichtigkeit wurde auch bei Kindern westlicher Länder eindeutig belegt. So zeigte eine US-amerikanische Studie, dass jede Stunde Aufenthalt pro Woche bei Tageslicht das Risiko um circa 10 % senkt. Eine australische Studie mit über 1.300 Teilnehmern ergab dagegen, dass sich die Wahrscheinlichkeit für Kurzsichtigkeit verdoppelt, wenn man weniger als 30 Minuten täglich dem Tageslicht ausgesetzt ist.
„Heilen“ lässt sich eine Kurzsichtigkeit nicht, betont die Stiftung Kindergesundheit: Ist der Augapfel zu lang, schrumpft er nicht wieder. Ist Kurzsichtigkeit einmal vorhanden, bleibt sie bestehen und nimmt sogar bis ins Erwachsenenalter zu. Kurzsichtigkeit lässt sich aber mit Brillen oder Kontaktlinsen gut korrigieren und kann in einem gewissen Umfang auch eingedämmt werden.
Quelle: idw – Pressemitteilung, Stiftung Kindergesundheit, Giulia Roggenkamp
ICD-Codes: H52.1

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