Dies betonte Prof. Dr. Ulrike Haug, Leiterin der Abteilung Klinische Epidemiologie am Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie – BIPS GmbH. Sie kritisiert nicht nur die Empfehlung selbst, sondern auch die Methodik, mit der diese entstanden ist.
Von den meisten aktuellen Leitlinien wird die Darmkrebsfrüherkennung für Männer und Frauen ab 50 Jahren empfohlen. Dies berücksichtigt, dass Darmkrebs sehr langsam aus Vorstufen entsteht und das Screening Erkrankungsfälle verhindert, die erst viel später im Leben auftreten würden. Die Herangehensweise der BMJ-Empfehlung war jedoch eine andere.
Man bat ein 22-köpfiges Gremium um seine Einschätzung, wie groß der Nutzen absolut betrachtet sein müsste, damit die meisten Personen sich für das Screening entscheiden. Dabei wurden aber nur vergleichsweise extreme Antwortmöglichkeiten angeboten. „Es verwundert also nicht, dass letztlich die Schwelle relativ hoch angesetzt wurde und im Resultat sehr restriktive Empfehlungen entstanden sind“, kritisierte Haug. Würde man diese Empfehlung anwenden, müsste man dem Großteil aller Frauen vom Screening abraten und dessen Anwendung würde sich insgesamt in höhere Altersgruppen verlagern. „Bei kaum einer anderen Krebserkrankung gibt es so wirksame Möglichkeiten zur Früherkennung wie bei Darmkrebs. Hiervon abzuraten, weil eine kleine Gruppe von Fachleuten sich anmaßt, beurteilen zu können, was die Bevölkerung als relevanten Nutzen betrachtet, erscheint absurd. In Deutschland treten 45 % der Darmkrebserkrankungen bei Frauen auf.