Dreimonatskoliken

NATUR+PHARMAZIE 6-7/2014

Was Probiotika ausrichten

Schreiende Kleinkinder haben Bauchschmerzen – nimmt man jedenfalls an. Im Grunde ist die Ätiologie der Dreimonatskoliken aber weitgehend obskur.

Es gibt psychosoziale Hypothesen, die eine schlechte Mutter-Kind-Bindung unterstellen. Den gastrointestinalen Theorien zufolge sind vermehrte intraabdominelle Gase, Hyperperistatik und Viszeralschmerzen von Bedeutung. Eine Studie fand erhöhte Werte von Calprotectin im Stuhl; das würde für eine Entzündung sprechen. Meist werden Beruhigung der Eltern und unterstützende Maßnahmen empfohlen. In letzter Zeit wurde postuliert, dass man gasbildende Darmbakterien mit der Gabe von Bifidobakterien und Laktobazillen supprimieren solle. Einen Versuch dieser Art unternahm man in Australien. 167 Kinder unter drei Jahren erhielten für einen Monat oral Lactobacillus reuteri oder Plazebo. Die Unmutsäußerungen der Kleinen gingen in der Beobachtungszeit kontinuierlich zurück, unter Verum ebenso wie unter Plazebo. Nebenwirkungen wurden nicht registriert. Dieses negative Ergebnis steht im Gegensatz zu positiven Daten kleiner Studien – wie so oft. Die Autoren sehen Probiotika nach ihren Erkenntnissen als nicht indiziert bei Dreimonatskoliken an. AL

KOMMENTAR

Ein Hammer sucht einen Nagel. Mit diesem Bild beschreibt ein Kommentator die Situation bei der Suche nach einer Therapie der Dreimonatskoliken. Das Studien-Arsenal ist reichlich ausgestattet mit widersprüchlichen Ergebnissen und bewiesenen Ineffektivitäten. Bennett Jr WE: Probiotics and infant colic. Still a hammer in search of a nail. Ebd. 8

Quelle:

Sung V et al.: Treating infant colic with the probiotic Lactobacillus reuteri: double blind, placebo controlled randomised trial. BMJ 348 (5 April 2014) 14

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